Mit der Heidelberger „Wild Rugby Academy“ erhofft sich Capri-Sonnen-Gigant Hans-Peter Wild, den Sport in Deutschland populärer zu machen
Denkt man an Heidelberg, so denkt man an die alte Brücke, den Neckar und die Universität. Was viele allerdings nicht wissen, ist, dass Heidelberg seit einigen Jahren zur Hochburg des Rugby geworden ist. Zu verdanken ist dies vor allem Hans-Peter Wild und der „Wild Rugby Academy“ (WRA).
Wild ist Inhaber des Capri-Sonne-Unternehmens und ein großer Rugby-Fan. Vor einigen Jahren hat er sich zum Ziel genommen, einen professionellen Massensport aus Rugby zu machen und die Aufmerksamkeit in Deutschland auf diesen Sport zu lenken. Dazu gründete er im Jahr 2007 die gemeinnützige Stiftung „Wild Rugby Academy“. Auch wenn „das Spiel mit dem ovalen Ei“ in vielen Ländern der Welt, wie in Frankreich, Großbritannien und großen Teilen des britischen Commonwealth große Popularität genießt, ist Rugby in Deutschland immer noch unbekannt.
Dies wollte Wild mit Gründung der „Wild Rugby Academy“ ändern. Begonnen hat das Engagement der WRA für den Rugbysport im Jahr 2007 mit Projekten zur „mass participation“, Rugby sollte ein bekannter Massensport werden. Zu dieser Zeit war die Anzahl professioneller Rugbyspieler in Deutschland gering, die Nationalmannschaft konnte im Weltvergleich kaum mithalten. Die WRA stellte deshalb Trainer ein, die Jugendliche im Rugby trainierten und in Schulen auf Rugby-Clubs in der Umgebung aufmerksam machten. Jährlich trainierten die Coaches 25 000 bis 30 000 Kinder und Jugendliche im Rugby.
Seit 2015 hat sich der Fokus der WRA verändert. Wild setzt seitdem darauf, einen High-Performance-Sektor für die Nationalmannschaften in Deutschland aufzubauen. Dies tut er, indem er in die Infrastruktur in Heidelberg investiert. Anfang 2015 setzte die WRA das erste Projekt um und ließ einen beheizten und überdachten Kunstrasenplatz auf dem Gelände des Heidelberger Ruderclubs in Kirchheim bauen, in dem bereits Wilds Vater Rugby gespielt hatte. Für das zweite Projekt, den Bau eines Trainingszentrums, ist der Bauantrag bereits bewilligt. Als nächstes möchte Wild ein Rugby-Stadion bauen. Robert Mohr, Geschäftsführer der WRA, findet diese Projekte nicht nur wichtig, um optimale Bedingungen für die Nationalspieler zu schaffen, sondern auch, um die Investitionen in den Rugbysport zu steigern: „Die finanzielle Last der Nationalmannschaften und Clubs muss auf mehrere Schultern verteilt werden und nicht bloß auf Dr. Wild“, sagt Mohr. „Dies kann vor allem durch Events erreicht werden, durch die man Einnahmen macht.“ Der Bau eines Stadions ist daher besonders wichtig. Wann dieses Projekt umgesetzt werden soll, steht allerdings noch nicht fest.
Dass ein riesiger finanzieller Aufwand hinter der WRA steckt, ist leicht zu glauben, vor allem weil sie eine Zuwendungsvereinbarung mit dem Deutschen-Rugby-Verband (DRV) getroffen hat. Dadurch unterstützt die „Wild Rugby Academy“ den DRV finanziell und erhält im Gegenzug alle Rechte zur Planung, Organisation und Finanzierung der deutschen Rugby-Nationalmannschaften. Die Spieler, die durch die WRA als Nationalspieler ausgesucht wurden, kommen aus der ganzen Welt. Fast die Hälfte der Spieler stammen aus Australien, Neuseeland, Frankreich oder Südafrika. In der deutschen Nationalmannschaft dürfen sie spielen, weil sie deutsche Vorfahren haben oder seit mindestens drei Jahren in Deutschland leben.
Auch Robert Mohr spielte lange Zeit im Ausland. Er war 13 Jahre lang Profi in Frankreich, bis er Geschäftsführer der WRA wurde. „Es ist toll, dass man einer so unterschiedlichen Mannschaft mit Spielern aus aller Welt einen Raum geben kann zusammenzuarbeiten und Sport auf höchstem Niveau zu betreiben“, findet Robert Mohr. „Man kann so viele junge Menschen unter einem gemeinsamen Ziel und unter gemeinsamen Werten vereinen.“
Sean Armstrong, Kapitän der deutschen 15er-Nationalmannschaft, ist Australier. Mit 13 fing er an Rugby zu spielen und kam 2007 nach Deutschland. Damals fragte ihn ein australischer Trainer, ob er für eine „Probezeit“ nach Deutschland kommen wolle. Im darauffolgenden Jahr nahm er Kontakt mit der WRA auf und war als Trainer tätig. Seit 2013 ist er Kapitän der Nationalmannschaft. Die Entwicklung des Rugby in Deutschland ist für ihn sehr wichtig: „Auch wenn Fußball in Deutschland immer noch der beliebteste Sport ist und wahrscheinlich auch bleiben wird, kämpfen wir für eine Alternative: nämlich den Rugby“, sagt Armstrong. „Wir wollen das Beste für den deutschen Rugby tun und arbeiten gemeinsam daraufhin, dass er auch hier populär wird.“
Bis jetzt hat die WRA vieles erreicht. Die Ziele für die Zukunft sind nun ein vierter Platz im 6-Nationen-Turnier, ein dritter Platz 2018 und die Teilnahme am World-Cup 2019. 2020 soll Deutschland dann auch bei den Olympischen Spielen im Rugby vertreten sein. Es bleibt also abzuwarten, ob Deutschland bald wild auf Rugby ist.
Von Elif Dabazoglu