Ideal, um dem Uni-Alltag zu entfliehen: Der Fotograf Klaus Meyer präsentiert in der Heidelberger Stadtbücherei Bilder aus der Provence
[dropcap]D[/dropcap]er Sommer steht kurz vor der Tür und die Sehnsucht nach Sonne auf der Haut, warmen Dämmerungsstunden und dem Summen der Insekten in blühenden Feldern hat ihren Zenit erreicht. Wer nicht länger auf steigende Temperaturen warten will, wird in der Stadtbücherei Heidelberg fündig: Dort stellt der Fotograf Klaus Meyer bis zum 30. Mai eine Fotoreihe mit Aufnahmen aus der Provence aus.
Veranstalter ist die Willibald-Kramm-Stiftung, die regelmäßig Werke von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region in einem für Heidelberg typischen überschaubaren, familiären Rahmen zeigt.
Nur acht großformatige Bilder mit Titeln wie „le soleil de Provence“ zählt die aktuelle Sammlung. Die Inspiration dafür fand Klaus Meyer direkt vor Ort, während seiner Reisen in den Süden Frankreichs. Als Berufsfotograf haben diese Arbeiten für ihn einen sehr persönlichen Wert. „Für die tägliche Arbeit muss man oft auch Dinge fotografieren, die einen selbst nicht so reizen“, sagt Meyer, „hier aber konnte ich Momente festhalten, die für mich spannend waren und mich berührt haben.“
Der Titel der Ausstellung, „Couleurs“, auf Deutsch „Farben“, ist zunächst irreführend. Sämtliche Bilder sind in schwarz-weiß aufgenommen, nur ganz sacht schimmern verblasste Farbnuancen aus dem Hintergrund hervor. Doch gerade die Abwesenheit von Farbe macht ihre Entbehrlichkeit so offensichtlich. Es braucht hier kein Grün, um die Frische der Zypressen zu spüren, kein gleißendes Gelb, um die Wärme der mediterranen Sonne zu erahnen. Meyers Bilder verzichten auf einen plakativ bunten Anstrich. Sie werden auch so lebendig. Denn die Reduktion der Farbigkeit verleitet dazu, auf die Suche zu gehen nach dem Gefühl, das hinter der Linse liegt.
Doch nicht nur das bringt den Betrachter dazu, vor den sommerlichen Szenen zu verweilen und sich darin für einen kurzen Moment zu verlieren. Auch bei Meyers Motiven geht es um das, was nicht zu sehen ist. So zeigt zum Beispiel die Fotografie „French Break“ einen robusten Tisch mit Blick auf diesige Felder, karg gedeckt mit Wein und Baguette, ein umgefallener Stuhl davor. Was ist hier passiert? Klaus Meyer gibt darauf keine Antwort. Er überlässt sie ganz bewusst dem Betrachter, der so eine eigene Beziehung zu dem Bild entwickeln kann. „Für mich als Fotografen ist es schön zu beobachten, wie schnell für jeden dabei eine individuelle, kleine Geschichte entsteht. Jeder interpretiert etwas Anderes in so eine Szene, je nachdem, was er sieht.“
So wirken Meyers Bilder nicht statisch, sondern werden zu einer dynamischen Schnittstelle zwischen dem, was war und was wird, zwischen Fotograf und Betrachter. Sie sind eine Anleitung zum Tagträumen, liefern das Material, um sich mit seinen Gedanken wegtreiben zu lassen in einen fiktiven Sommer.
Es ist allerdings schade, dass diese Bilder nicht in einer ruhigeren Räumlichkeit zu sehen sind. Die verglaste Vorhalle der Stadtbücherei ist nicht der beste Ort, um den hektischen Alltag abzuschütteln und sich ganz auf die Welt hinter den Fotos zu konzentrieren. Auf der anderen Seite ist es aber auch praktisch: So kann man nach einem langen Tag zwischen Bücherstapeln direkt übergehen in einen kleinen Kurzurlaub für den Geist.
Von Anais Kaluza