Heidelberger Forscher verändern unser Verständnis darüber, wie die Dinos wirklich ausgestorben sind
Wie starben eigentlich die Dinosaurier aus? Durch einen Asteroideneinschlag? Ganz so einfach war es wohl doch nicht. Im Nordosten Mexikos, zwischen den Städten Monterrey und Saltillo, befindet sich vor allem eines: Wüste. Doch wenn man in der Gegend um den Ort Las Águilas etwas von dem Wüstensand zur Seite fegt, kann man, mit etwas Glück, auf zahlreiche Saurierfossilien stoßen, von Fußspuren bis hin zu versteinerten Knochenfragmenten. Denn Nordost-Mexiko bildete in der Kreidezeit das Ende des nordamerikanischen Kontinents, wodurch es dort große Fundstellen von Dinosaurierfossilien gibt. An einer davon fand das Team von Wolfgang Stinnesbeck, Professor für Geowissenschaften an der Uni Heidelberg, etwa 60 Knochencluster von Dinosauriern. Die gefundenen Knochen der Saurier an diesem Ort sind fast 70 Millionen Jahre alt – und damit nur fünf Millionen Jahre älter als der verheerende Einschlag des Asteroiden in Chicxulub, der nach bisherigem Wissensstand verantwortlich für das Aussterben der Dinosaurier war.
„Es sind auf jeden Fall die Überreste der letzten Dinosaurier von Mexiko, die man hier noch in großen Mengen vorfindet“, erklärt Stinnesbeck, „und danach sieht man für fünf Millionen Jahre fast nichts mehr von Dinosauriern.“ Fährt man allerdings ins etwa 50 Kilometer entfernte Paredón, gelangt man an eine weitere Fundstelle, die entscheidende Hinweise auf die Ereignisse vor knapp 65 Millionen Jahren gibt. An den Sedimenten der Umgebung ist erkennbar, dass sich seit damals nicht viel geändert hat: In der heute ausgetrockneten Wattfläche innerhalb eines Flussdeltas fand Stinnesbeck mit seinem Team besonders viele fossile Fußabdrücke – allerdings kaum Abdrücke von Dinosauriern, sondern die von Vögeln. Einige Hand- und Fußabdrücke von Flugsauriern gibt es noch, und einen einzigen Fußabdruck eines Raubsauriers. Weltweit ist es bislang die einzige Stelle, an der man die Abdrücke von Vögeln, Flugsauriern und Raubsauriern in der gleichen Sedimentablagerung gefunden hat. Bisher wurde angenommen, dass die Vogelpopulation erst nach dem Aussterben der Saurier stark zunahm – gemeinsame Nahrung oder gemeinsame ökologische Nischen könnten die Ursache sein, so lautete bisher die landläufige Theorie. „Vermutlich ist es nicht die einzige Stelle. Wahrscheinlicher ist, dass man bislang die Abdrücke von Vögeln einfach noch nicht gefunden hat“, meint Stinnesbeck. Fährten von so kleinen Tieren zu finden sei generell eher die Ausnahme als die Regel.
Diese Sedimentschicht liegt einige Meter unter der Schicht, die sogenannte Spherulen enthält, kleine Glaskügelchen, die von dem Asteroideneinschlag stammen. Diese Spherulen-Schicht markiert somit den Zeitpunkt des Einschlags – und beweist, dass es schon lange vor ihm ein großes Vogelvorkommen gab. Dass aber schon vor dem Einschlag so viele Dinosaurier ausgestorben waren, zeigt, dass der Einschlag allein nicht ursächlich gewesen sein kann. Für wahrscheinlicher hält Stinnesbeck einen starken Temperatursturz, der besonderen Einfluss auf die Vegetation hatte. Mit einer Veränderung der Umweltbedingungen waren die Saurier somit nicht mehr so gut an ihre Umwelt angepasst, sodass sie langsam ausstarben und der Asteroideneinschlag die letzten von ihnen auslöschte.
Von Verena Mengen