Im Gespräch mit Hans-Achim Kullen, Sarg- und Urnenträger
Wie sind Sie auf den Gedanken gekommen, als Sargträger zu arbeiten?
Durch meine persönliche Lebensgeschichte bin ich bei dem Tod unseres jüngsten Sohnes Frieder unerwartet und schmerzhaft mit dem Tod konfrontiert worden. Meine Frau und ich gingen sehr bald in eine Selbsthilfegruppe für verwaiste Eltern. Durch den Kontakt mit vielen Eltern und ihren persönlichen Schicksalen hat sich mein Blickfeld in diesem Bereich stetig erweitert. Nachdem es im Jahr 2015 zu Veränderungen in meinem beruflichen Umfeld gekommen ist, konnte ich eine ehrenamtliche Tätigkeit als Sarg- und Urnenträger aufnehmen. Für mich ist es ein folgerichtiger Schritt in der Begleitung von Menschen „zwischen Leben und Tod“.
Trägt man die Särge heute überhaupt noch oder gibt es da technische Hilfsmittel?
Auf den Friedhöfen, auf denen ich arbeite, wird der Sarg auf einem Sargwagen in die Aussegnungshalle und nach der Trauerfeier bis in die Nähe des Grabes gefahren. Danach tragen in der Regel sechs Sargträger den Sarg auf das Grab. Wir lassen den Sarg dann mit drei Seilen per Hand zu Grabe und verabschieden uns von dem Menschen, indem wir unsere Mütze abnehmen und uns vor ihm verneigen. Diese letzte persönliche Anteilnahme ist uns wichtig.
Was ist es für ein Gefühl, als Außenstehender bei einem so emotionalen Anlass wie einer Beerdigung dabei zu sein?
Bei einer Beerdigung ist es mir ein Anliegen, dass ich der Trauerfeier beiwohne. Hier lerne ich den Menschen, den ich auf seinem letzten irdischen Weg begleiten darf, ganz persönlich kennen. Bei Kinderbestattungen und Bestattungen von sehr jung verstorbenen Menschen ist man dann oft einfach nur sprachlos und traurig und mir fällt dieser letzte Gang auch persönlich sehr schwer. Aber es gibt auch die Beerdigungen von lebensfrohen älteren Menschen, die ein Leben mit Höhen und Tiefen erleben durften, wo ich mich reich beschenkt fühle und ich es für mein eigenes Leben als eine Bereicherung empfinde, diesem Menschen auf seinem letzten irdischen Weg Geleit zu geben.
Gibt es zum Beispiel mit Kollegen auch mal Momente, in denen gelacht wird?
Ja, wir sind ja auch ganz normale Menschen, die nicht nur von Tod und Trauer umgeben sind. Letztens haben wir bei der Verabschiedung eines Kollegen in den Ruhestand über manche Begebenheit schmunzeln können. Eines ist in diesem Zusammenhang aber wichtig: Die Würde jeder einzelnen Beerdigung gebietet es uns Sarg- und Urnenträgern aber, dass wir uns im Umfeld der Beerdigung dem Anlass gemäß würdig verhalten. Dies sind wir dem Verstorbenen und insbesondere den trauernden Angehörigen schuldig.
Das Gespräch führte Esther Lehnardt