Das Haus am Wehrsteg präsentiert Fotografien des Kalamari Klubs und der Berlinerin Patricia Escriche
Das am Neckarufer liegende Haus am Wehrsteg ist von einem wilden Garten umgeben, in dem sich Skulpturen geschmeidig in das Grün einfügen. Die Eingangstür des Backsteinhauses ist von Rosen umrankt. Tritt man in das Künstlerhaus, bemerkt man den Kontrast zur farbigen Außenwelt: Die weißen Wände mit den schwarz-weißen Fotografien, die spärliche Möblierung aus Holz und die Leitungen an der Decke versprühen trotz der zurückhaltenden Schlichtheit einen besonderen Charme. Die ausgestellten schwarz-weißen Fotografien wurden vom Kalamari Klub sowie der Berliner Künstlerin Patricia Escriche aufgenommen. Sie alle vereint der Titel der Ausstellung: Recht auf Poesie. Bei der Poesie geht es für Matthis Bacht, den Kurator der Ausstellung, um das Unerklärbare. Im scheinbar Belanglosen, Nebensächlichen oder Selbstverständlichen versuchen die Künstler des Kalamari Klubs, das Poetische sichtbar zu machen.
„Bei unseren Bildern sieht man durch die analoge Technik den Prozess der Entstehung“, erklärt der Fotograf Dennis Schulz vom Kalamari Klub. Seine Werke sind erst kurz vor Eröffnung der Ausstellung bei einer Reise auf die Azoren entstanden. Sie zeigen raue Landschaften, leere Straßen, ein verlassenes Schwimmbad oder einen Wasserfall in einem friedlichen Wald. Sowohl natürliche als auch menschlich geprägte Räume lassen sichtbar werden, was Schulz während des Aufenthalts gespürt hat: „Es hat sich dort wild und leer angefühlt.“ Die Bilder vermitteln weniger das Poetische an sich. Vielmehr erinnern sie ihn an die vielen Texte, die er auf den Azoren verfasst hat.
Anna Riegers Bilder sind Fotogramme. Ohne Kamera aufgenommen, sondern durch Belichtung des Fotopapiers entstanden, regen die Muster auf ihren Fotografien zu assoziativen Deutungen an. Reale Strukturen zeigt hingegen Max P. Martin in seiner dreiteiligen Fotostrecke eines Malzwerkes. Er hält Fotografie für ein unpoetisches Handwerk. „Aber sich das Recht rauszunehmen und am Wegrand anzuhalten – das ist ein Moment, der durchaus poetisch sein kann.“ Mit einer selbst gebauten Lochkamera aus Holz hat Simone Magaard ihre Motive in Island festgehalten. Das Meer, Auenlandschaften oder Schiffe erscheinen durch die halbminütige Belichtungszeit als schemenhafte Bilder, die Unschärfe erzeugt eine mystische Atmosphäre.
Die Idee zur Ausstellung entstand bei der Planung der diesjährigen Hausbeleuchtung. Schon zum vierten Mal fand im Mai die Lichtinstallation beim Haus am Wehrsteg statt. Im Gegensatz zu den Vorjahren wurden dieses Jahr statische Schwarz-Weiß-Bilder an die Ziegelwand der Galerie geworfen. „Der Innenraum mit den Fotos ist die Spur, die von der Hausbeleuchtung bleibt“, sagt Bacht und erklärt damit die Verbindung zwischen Außen- und Innenraum. Nicht nur rein performativ, sondern auch inhaltlich interagieren die Kunstwerke mit der Architektur und verbinden sowohl Natur- als auch Architekturfotografien.
Durch die Fenster schweift der Blick nach draußen auf den Neckar. Die Verbindung von Innen- und Außenwelt geschieht nicht nur durch die Fotos, sondern auch durch den Blick des Betrachters.
Von Lea Dortschy