Ein Masterplan soll das Medizinstudium reformieren und mehr Ärzte aufs Land bringen. Studierende und Uni äußern Kritik
Mit dem Masterplan 2020 möchte Forschungsministerin Johanna Wanka das Medizinstudium reformieren. Zu den Zielen gehören eine Stärkung der Allgemeinmedizin, mehr Praxisnähe im Studium und eine Lösung der Versorgungslage auf dem Land. Studierende und Vertreter der medizinischen Fakultät sehen Teile der Reform kritisch. Denn sie könnte zu Ungerechtigkeit bei der Studienplatzvergabe führen und verlagert das Problem der Versorgungslage auf dem Land ins Studium.
Mit dem Masterplan sollen verschiedene Probleme in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten angegangen werden. Besonders sticht die Stärkung der Allgemeinmedizin hervor: Die Einführung einer Landarztquote soll den Ländern künftig erlauben, bis zu zehn Prozent ihrer Studienplätze an bestimmte Bewerberinnen und Bewerber zu vergeben. Diese verpflichten sich schon bei der Bewerbung, nach Abschluss von Studium und Facharztausbildung, bis zu zehn Jahre als Hausarzt in ländlichen Regionen zu arbeiten. Damit möchte die Bundesregierung dort eine bessere medizinische Versorgung fördern. Zusätzlich soll das Praktische Jahr am Ende des Medizinstudiums statt in drei nun in vier Abschnitte gegliedert werden, unter denen ein neuer Pflichtabschnitt in Allgemeinmedizin eingeführt wird.
Doch während Bundesforschungsministerin Johanna Wanka sicher ist, dass nur so „Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen und Patienten stets nach dem neuesten Stand der medizinischen Forschung versorgen“ können, bewerten gerade die Medizinstudierenden die Reformwelle kritisch. Die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland fürchtet, dass vor allem versorgungspolitische Interessen eine Rolle im Masterplan spielen. Ihr Argument gegen die Landarztquote ist so simpel wie einleuchtend: Für die meisten Bewerber sei zu Beginn des sechsjährigen Studiums gar nicht einschätzbar, welche Fachrichtung sie später einschlagen wollen. Des Weiteren könnte die Einführung der Quote zu einer Abwertung des Hausarztberufes führen, wenn der Eindruck entsteht, dass manche Mediziner nur über ihre Verpflichtung als Landärzte und nicht über ihre Qualifikation einen Studienplatz bekommen haben. Nicht nur die Studierenden fühlen sich von den Entscheidungen rund um den Masterplan übergangen. Auch Andreas Draguhn, Studiendekan der medizinischen Fakultät Heidelberg, kritisiert die mangelnde Einbeziehung der Fakultäten: „Die Rolle des medizinischen Fakultätentags, der alle medizinischen Fakultäten in Deutschland vertritt, ist wesentlich zu gering ausgefallen.“ Draguhn und Roman Duelli, Leiter des Studiendekanats, sorgen sich darum, dass künftig ein Teil der Bewerber auf die Quote aus finanzstarken Haushalten kommen und sich aus ihrer Verpflichtung freikaufen wird. Der Ansatz verfehle das Kernproblem, das laut Draguhn darin bestehe, „dass der Beruf des Landarztes aus intrinsischen Gründen zurzeit nicht attraktiv genug ist für junge Leute. Dies ist der Punkt, an dem die Politik ansetzen muss. Es ist eigentlich kein Problem, das in das Studium verlagert gehört.“
Ein weiteres Problem stellt die Finanzierung des Masterplans dar. Denn bisher gibt es kein Konzept. Dadurch ist die gelungene Umsetzung der Reform in Gefahr. Viel problematischer ist jedoch, dass die Qualität des Studiums darunter leiden könnte. Denn wenn an den Fakultäten mehr Geld in die Umsetzung der Reformen gesteckt werden muss, fehlt es an anderer Stelle.
Die Fachschaft Medizin in Heidelberg begrüßt grundsätzlich die Weiterentwicklung des Studienganges, wünscht sich aber ebenfalls eine engere Zusammenarbeit mit Studierenden und Ärzten. Unter dem Motto #RichtigGuteÄrzteWerden fand ein Demonstrationszug zu mehreren Unikliniken statt.
Nicht alle Punkte des Masterplans seien zu kritisieren, finden sowohl Fachschaft als auch Studiendekanat. So wird die Betonung der Bedeutung kommunikativer Fähigkeiten im Patientenkontakt begrüßt. Auch die Förderung der Praxisnähe findet Anklang. „Selbstverständlich gibt es auch Maßnahmen im Masterplan, denen wir uns inhaltlich nicht anschließen können“, erklärt Sarah Schnee aus dem Arbeitskreis Lehre der Fachschaft: „Aber nun, da die Reformen festgelegt sind, setzen wir den Fokus auf die konkrete Ausgestaltung in Heidelberg und Baden-Württemberg, bei der wir hoffentlich rege beteiligt sein werden.“
Von Esther Megbel