Hot or not: Sollten Männer kurze Hosen tragen?
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Pro
Der Sommer steht vor der Tür. Hosen und Röcke werden wieder kürzer – zumindest bei der Damenwelt. Den Herren der Schöpfung fällt es hingegen oftmals schwer, Bein zu zeigen. Der Grund dafür scheint in einem gesellschaftlichen Diktat zu liegen, das das Tragen von kurzen Hosen bei Männern fast schon zur Todsünde stilisiert hat. Doch warum ist die kurze Hose am Mann derart verpönt?
Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass die Männer in allen Hochkulturen von den Ägyptern über die Griechen bis hin zu den Römern es unten kurz und luftig mochten. Wer könnte es ihnen auch verübeln? Niemand, der schon einmal an einem heißen Sommertag in einer kurzen Hose durch die Stadt geschlendert ist, wird je wieder darauf verzichten wollen. Wenn ein sanfter Windhauch unsere Waden umspielt und die Sonne unsere Knie küsst, ist das ein Ausdruck der ursprünglichen Freiheit, die unsere moderne Welt so oft vermissen lässt.
Vielleicht ist die Abneigung gegen kurze Hosen auch in dem Stereotyp ihres Trägers begründet. Viele verbinden kurze Hosen zweifellos mit dünnen, käsigen Männerbeinen und Socken in Sandalen. Dem bleibt nur zu entgegnen, dass das Männerbein, das häufig in den Genuss einer kurzen Hose kommt, bald ein attraktives Braun annimmt und dass Socken in Sandalen in Kombination mit jedweder Hose einen grauenvollen Anblick bieten. Die Defizite einiger ihrer Träger sollten also auf keinen Fall als Argument gegen die kurze Hose an sich missbraucht werden.
Diejenigen, die kurze Hosen für ein Privileg der Weiblichkeit halten, sollten sich gut überlegen, ob eine in Schweiß getränkte lange Hose, die an den Beinen ihres Trägers klebt, wirklich so viel ästhetischer ist als ihre kurze Alternative.
Von Matthias Luxenburger
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Contra
Der Indikator für den Sommeranfang ist weder meteorologisch noch kalendarisch – er ist textil. Und er lässt den Sommer dann beginnen, wenn die ersten Prototypen von Sonnenstrahlen Ende Februar vampirhaft weiße Männerbeine in gleißendes Käsig bis Wasserleichengrau tauchen. Nach zwei Tagen mit zweistelligen Temperaturen wird man als friedliebender Langhosenträger mitleidig bis vorwurfsvoll gefragt, warum man keine kurze Hose trage und ob man nicht schrecklich schwitze bei all dem Stoff. Ja, verdammt, tut man – und jetzt?
Was wirklich hinter der Frage nach dem wärmeinduzierten Flüssigkeitsverlust steht, ist nicht etwa Interesse am Mitmenschen, sondern blanke Missionierungswut. Bermudashorts und ihre bis zur totalen Stilverirrung verfremdeten Derivate dulden keinen Hosengott neben sich. Dem Modediktat der Ver-Gute-Launisierung folgend soll man sich stets so fühlen, als sei man eben vom Surfbrett gesprungen und nun auf dem Weg an die Strandbar. Natürlich ist es eine Sache des Modebewusstseins, keine kurzen Hosen zu tragen; James Dean ist nicht wegen seiner Khaki-Shorts zur Stil-Ikone avanciert. Viel entscheidender ist aber, dass die zu jeder Gelegenheit getragene Schrumpfhose das soziale Rollengefüge aus dem Gleichgewicht bringt. Im Klartext: Kurze Hosen passen wunderbar an den Strand und meinetwegen kann jeder vor seinem Reihenhaus in Castrop-Rauxel in Cargo-Shorts am Grill stehen und die Plauze präsentieren. Wer die kurze Hose aber in den Hörsaal trägt, verliert das Gespür für die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, oder um es mit einem zeitgenössischen Modeschöpfer zu sagen: Man hat die Kontrolle über sein Leben verloren und dann geht man eben in kurzen Hosen auf die Straße.
Von Tillmann Heise
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