Dennis Nusser studiert in Heidelberg und ist Direktkandidat für die FDP bei der Bundestagswahl. Warum der 20-Jährige Rentenpolitik machen will
Dennis Nusser (20) studiert American Studies an der Uni Heidelberg und kandidiert für die FDP als Direktkandidat für den nächsten Bundestag, der im September gewählt wird.
Du bist als 20-jähriger Student Direktkandidat für die FDP in Heidelberg. Wie kam es dazu?
Ich bin 2013 nach der Bundestagwahl in die FDP eingetreten. Ich bin liberal und ein ganzheitlicher Liberalismus hat mir in der alten FDP ein bisschen gefehlt. Wenn ich aber will, dass es eine Partei gibt, die meine Interessen vertritt und eben auch für diesen Liberalismus auftritt, dann muss ich selbst mitmachen.
Und wie wurdest du dann Kandidat?
Wir hatten eine Weile gesucht und zuerst niemanden gefunden, der sich bereit erklärt hat. Es ist nun doch eine sehr brotlose Kunst. Also dachte ich mir, ich kann meiner Partei nur das Angebot machen, dass ich das übernehme. So bin ich Kandidat geworden.
Gab es keine Bedenken, dass du Student bist?
Klar, die Frage: „Ist man nicht zu unerfahren?“ kommt immer. Aber was ich an Erfahrung nicht habe, kann ich an neuen Ideen einbringen. Als Student ist man an einigen Themen – wie zum Beispiel der Hochschulpolitik – viel näher dran als andere.
Und doch setzt du einen großen Fokus auf Rentenpolitik. Ein Thema, welches nicht gerade studentennah ist.
Ich glaube, gerade wir Jungen müssen heute schon darauf achten, dass wir von der Rente auch noch was bekommen. Das Rentensystem fährt seit Jahren immer weiter gegen die Wand. Was ich sehe ist, dass keine Partei außer uns darüber redet oder es aufbringt.
Nützt das Thema Rentenpolitik also dem Wähler, der dich wählen würde, weil er auch Studierender ist?
Im Moment sind wir alle Studenten, in fünf oder zehn Jahren arbeiten wir aber. Die Belastungen durch Steuern und Sozialabgaben sind für den Durchschnittsverdiener in Deutschland jetzt schon sehr hoch. Wenn man die Rentenpolitik so weiterfährt und die Rücklagen aufbraucht, werden sie noch höher. Das Ziel der Politik sollte sein, es heute so gut wie möglich zu machen und für die nächste Generation noch besser. Das sehe ich gerade nicht.
Als FDP-Direktkandidat hast du dennoch eher geringe Chancen, in Heidelberg gewählt zu werden.
Das stimmt, und auch mein 21. Platz auf der Landesliste ist sehr optimistisch. Allerdings sind diese Positionen nicht der Grund, weshalb ich kandidiere. Natürlich ist es mein Ziel, in den Bundestag zu kommen und die Politik zu vertreten, die ich vertreten sehen will. Aber gleichzeitig ist es für mich wichtig, auf dem Podium in Heidelberg zu sitzen und anderen Kandidaten Kontra geben zu können.
Trotz „brotloser Kunst“ – nehmen wir mal an, du würdest es doch in den Bundestag schaffen: Was würde sich an deinem studentischen Leben ändern?
Mein Studium wäre definitiv erschwert (lacht). Das will ich gar nicht abstreiten, ich müsste es stark reduzieren und über viele Semester verteilt irgendwie zum Bachelor schaffen – neben den 22 Sitzungswochen in Berlin ist man ja auch sehr viel innerhalb des Wahlkreises unterwegs.
Merkst du den Stress jetzt schon?
Definitiv. Durch die Bundestagskandidatur habe ich dieses Semester einige Veranstaltungen weggelassen und es auf ein Seminar und zwei Sitzscheine reduziert. Aber das gehört dazu: Wenn man es macht, sollte man es richtig machen. Und als Student habe ich da einen zeitlichen Vorteil im Gegensatz zu jemandem, der 60 Stunden in der Woche arbeitet.
In ein paar Monaten wird dein Gesicht in Plakatgröße überall in Heidelberg zu sehen sein. Wie reagieren deine Kommilitonen und Dozenten auf deine politische Karriere?
Bisher waren alle sehr unterstützend – es gab niemanden, der gesagt hat: „Mach dein Studium, Bub!“ – außer vielleicht meine Mutter (lacht). Auch von Dozenten habe ich viel Rücksicht beim Verschieben von Hausarbeiten erfahren. Daneben sind die meisten meiner Freunde keine FDP-Wähler oder FDP-affin. Selbstverständlich kenne ich deutschlandweit sehr viele Leute, die parteinah oder -zugehörig sind und da besteht schnell die Gefahr, dass man in seiner „Bubble“ bleibt. Da freut es mich manchmal also auch, nicht über Politik reden zu müssen.
Was sagst du anderen Studenten, die sich weniger politisch engagieren?
Gerade wir jungen Menschen haben eine Verantwortung, denn sonst regieren andere über uns. Mein Appell ist also, dass man sich die Parteien einfach mal anschaut – es muss nicht zwangsläufig die FDP sein, auch wenn ich mich darüber natürlich freuen würde.
Bleibt denn neben deinem politischen Engagement und Studium noch Zeit einfach mal zu entspannen?
Es variiert. Aber ich kann schon behaupten, dass ich das letzte halbe Jahr permanent auf Achse war – letzte Woche war ich in Übigau und hätte auch in Berlin sein müssen, gestern war ich in Stuttgart, und die nächsten Wochen bin ich in Leipzig, Frankfurt und Hamburg. Wenn man dann abends um 11 Uhr nach Hause kommt, bleibt man bis zwei oder drei Uhr noch am Rechner, um Mails zu beantworten. Aber es lohnt sich, es macht Spaß – und wenn ich währenddessen noch eine Anglo-Party mitnehmen kann, dann mache ich das auch.
Das Gespräch führten Sonali Beher und Esther Lehnardt