Das Studierendenwerk soll immer wieder unberechtigt Apartments in Studierendenwohnheimen betreten haben. Dagegen hat eine Studentin nun erfolgreich geklagt
Erneut steht das Studierendenwerk Heidelberg in der Kritik: Nachdem seine Vertreter mehrfach Wohnungen eigenmächtig betreten hatten, verpasste eine Mieterin diesem Vorgehen einen Dämpfer. Sie beantragte vor dem Amtsgericht Heidelberg, dass ihre Wohnung nicht ohne Einwilligung oder Vorliegen eines Notfalls betreten werden darf. Dem Antrag wäre laut Aussage der Mieterin nur wenige Tage später stattgegeben worden.
Ein Gericht kann in solchen Fällen ein Ordnungsgeld von bis zu 250 000 Euro verhängen, wie ein Rechtsanwalt erklärte.
Als Siedlungssprecherin hatte sich die Antragstellerin, die Hanna genannt werden möchte, jahrelang mit dem problematischen Verhalten des Studierendenwerks auseinandergesetzt.
Hanna erzählt von einer Situation, in der eine Bewohnerin gerade unter der Dusche war, als plötzlich ein Hausmeister neben ihr im Bad stand. „Ähnliche Fälle, in denen ohne Absprache anscheinend Handwerker im Zimmer etwas verrichtet oder neue Küchenschränke installiert hatten, wurden an mich immer wieder herangetragen“, so Hanna.
In Gesprächen mit dem Studierendenwerk wurde den Siedlungssprechern vermittelt, man bemühe sich, den Umgang mit der Privatsphäre der Mieter zu verbessern, etwa durch Schulungen der Hausmeister.
„Es kam aber über einen langen Zeitraum hinweg zur wiederholten Missachtung unserer Mietrechte,“ fügt Hanna hinzu. Auch bei persönlichen Gesprächen sei durch die Geschäftsführerin Ulrike Leiblein immer wieder zugesichert worden, dass es nicht mehr zu einem eigenmächtigen Betreten durch Mitarbeiter des Studierendenwerkes kommen würde. „Allerdings hat sich Frau Leiblein stets geweigert, die Protokolle solcher Sitzungen zu unterschreiben – und das Hausrecht der Bewohner wurde weiterhin missachtet“, erzählt Hanna.
Stattdessen seien als vorläufiger Höhepunkt der Auseinandersetzungen in allen Wohnheimen Daueraushänge mit dem Inhalt angebracht worden, dass das Studierendenwerk das Recht hätte, Küche und Bad jederzeit ohne Ankündigung zu betreten. Die mühevollen Gesprächsversuche sowie die Kritik des Studierendenrates an dem Aushang seien erfolglos geblieben. „Das Studierendenwerk hat anscheinend nie vorgehabt, die gegebenen Zusagen einzuhalten“, sagt Hanna frustriert.
Das brachte das Fass endgültig zum Überlaufen: Hanna forderte mit ihrem Anwalt das Studierendenwerk auf, die andauernde Verletzung ihres Hausrechts zu beenden. Das Studierendenwerk verweigerte dies. Die Unverletzlichkeit der Wohnung betreffe lediglich das private Zimmer, aber nicht den Eingangsbereich, die Küche oder das Badezimmer, so die Argumentation des Studierendenwerks.
Hanna zog daraufhin vor Gericht, das ihr im März dieses Jahres Recht gab. Während hiermit ein Präzedenzfall für die Zweizimmer-Apartements am Klausenpfad im Neuenheimer Feld geschaffen wurde, gab es einen entsprechenden Beschluss für die Einzimmer-Appartements bereits 2016.
Ein Rechtsanwalt erklärt, was der Erfolg des Antrags bedeutet: „Die einstweilige Verfügung gilt nur für den jeweiligen Antragsteller und nicht für die Mieter anderer Wohnungen des Studentenwohnheims.“ Jeder Bewohner müsse einen eigenen Antrag vor Gericht stellen.
Der Anwalt sieht aber grundsätzlich eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass weitere Anträge Erfolg haben werden: „Die Sachverhalte sind gleichgelagert und das Amtsgericht Heidelberg wird für alle Anträge zuständig sein.“
Inzwischen scheint das Studierendenwerk seine in der Auseinandersetzung mit Hanna vertretene Ansicht aufgegeben zu haben. Es stimmt in einer Stellungnahme gegenüber dem ruprecht zu, dass das alleinige und vollständige Hausrecht den Mietern und Mieterinnen der Einzimmer- und Zweizimmer-Apartements zustehe. Termine für Reparaturen würden nach einer Meldung über das „Ticketing-System“ mit den Studierenden abgestimmt. Auch andere Überprüfungen, etwa der Feuermelder, würden mit angemessener Vorlaufzeit per Aushang sowie persönlicher E-Mail terminiert und sodann mit den einzelnen Bewohnern abgestimmt.
Diese Vorgehensweise sei, so das Studierendenwerk gegenüber dem ruprecht, allen internen ausführenden Stellen kommuniziert worden. Sollte es in der Vergangenheit dennoch zu unberechtigtem Eindringen in private Räumlichkeiten gekommen sein, „bedauern wir dies“.
Von Christopher Tiersch