Die Bewegung PYURE will die Party-Kultur revolutionieren. Dafür jongliert sie Visionen zwischen Spiritualität und Unternehmergeist.
Den Raum durchzieht ein leicht wahrnehmbarer Ka-kaogeruch, vermischt mit dem Aroma von Räucherstäbchen und Duftkerzen, als sich die Anwesenden im Kreis auf Teppichen sitzend versammeln. Nach der Begrüßung und einer kurzen Erklärung des Programms beginnt eine Phase des gemeinsamen Singens und Musizierens, die dazu einladen soll, Gedanken des Alltags und Stress hinter sich zu lassen. Eine völlig transzendente Atmosphäre kann sich dennoch nicht einstellen, nach ein paar Minuten bittet Sema, die Leiterin der heutigen Zeremonie, die zwölf Teilnehmenden um einen Geldbetrag von dreißig Euro. Auch dass der Jutesack, in dem der Betrag eingesammelt wird, aus vermutlich fair gehandelten und nachhaltigen Materialen besteht, kann über die Banalität des Vorgangs nicht hinwegtäuschen. Im Zentrum der Versammlung soll allerdings ein gemeinsames Kakaotrinken stehen, dazu werden die gefüllten Tassen durch den Kreis gereicht. Wie auch die folgende Meditation über dem Heißgetränk, soll dies Energien in Einklang und alle auf eine gedankliche Ebene bringen. Abgerundet wird das Gemeinschaftserlebnis durch eine von Trommeln und Regenmachern begleitete Klangreise.
Zusammenkünfte wie diese Golden Drum Ceremony soll es laut Sema, Aaron und Martin zukünftig regelmäßig in Heidelberg geben. Gemeinsam sind sie „PYURE“ und verstehen sich nicht nur als Veranstaltungskollektiv, sondern als wachsendes Netzwerk, das das Miteinander und Begegnungsräume fördern möchte. „Ich will schon, dass es so etwas wie eine Bewegung wird.“, erklärt uns Aaron seine Vision. „Wir machen nichts, was es bereits gibt, sondern etwas Innovatives und Neues, das Heidelberg dringend braucht. Aber nicht nur Heidelberg, sondern was wir Menschen dringend brauchen“, ergänzt Martin, Heilpraktiker für Psychotherapie.
Entwickelt hat sich dieses Bestreben in ihrem Freundeskreis. Aaron und Martin haben sich auf einer WG-Party kennen gelernt und aus ihrer Begegnung entstanden Kuschelpartys, die sie bereits vor zwei Jahren im Programm des Alternativen Frühlings in der halle02 platzierten. Ebenfalls über eine Wohngemeinschaft fand Sema sich in ihren Kreis ein. Seitdem organisieren sie regelmäßig Gatherings zur Selbsterfahrung und Achtsamkeit. „Es ist so schön, dass sich das Ganze aus einer Herzensangelegenheit heraus entwickelt hat, die von Mensch zu Mensch weitergetragen wird“, so die transformative Tanztherapeutin Sema.
Um sich mit der Verwirklichung ihrer Projekte zumindest teilweise den Lebensunterhalt zu finanzieren, gründeten die drei in diesem Jahr eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). Ein Entschluss, mit dem sie sich von nun an Problemen der Verwaltung und auch viel Bürokratie stellen müssen.
Gleichzeitig möchten sie in ihrer Gemeinschaft aber die vier von ihnen definierten Säulen aufrechterhalten. Diese sehen sie in Achtsamkeit gegenüber sich selbst und andern, den „heilenden Künsten“ und dem Schaffen von kulturkreativen und experimentellen Forschungsräumen. Als letzte Säule sollte das gemeinsame Feiern nicht vergessen werden.
Wie sich die Veranstaltungen im kommenden Jahr entwickeln, ist für die drei noch offen. „2018 ist für uns jetzt auch das Probejahr.“ Vor allem die Herausforderung, räumliche und zeitliche Plätze für spirituelles Leben in der Stadt zu finden, wird sie zukünftig beschäftigen.
Von Nele Bianga und Maren Kaps