Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des Zulassungsverfahrens für Medizinstudiengänge für unzulässig erklärt. Nun sind Bund und Länder gefordert.
Lassen Sie mich durch – ich bin Arzt. Wer das schon immer mal sagen wollte, aber wegen eines Abiturschnitts über 1,1 oder einer akuten Unlust auf 14 bis 15 Wartesemester für das Medizinstudium noch keine Gelegenheit dazu hatte, kann nun etwas Hoffnung schöpfen: Das Bundesverfassungsgericht hat das momentane Vergabeverfahren bei der Vergabe von Humanmedizinstudienplätzen in Teilen für verfassungswidrig erklärt.
Besonders im Fokus des Urteils von Ende Dezember letzten Jahres stand dabei das zu starke Gewicht des Numerus Clausus. So sei es zwar grundsätzlich in Ordnung, ein Fünftel der Plätze über die Abiturnote zu vergeben. Schwierig sei dagegen, dass auch bei den 60 Prozent der Studienplätze, die die Hochschulen nach eigenen Kriterien vergeben, oft nur die Abschlussnote entscheidend sei. Das benachteilige besonders Studierende, deren Bundesländer überdurchschnittliche Anforderungen stellen. Denn anders als bei der Abiturbestenquote gebe es hier keine deutschlandweiten Ausgleichsmechanismen.
Zusätzlich soll in Zukunft die Zulassung durch Wartesemester auf einen gewissen Zeitraum beschränkt werden. Bund und Länder haben nun bis Ende 2019 Zeit, eine Lösung zu finden, um die Vorgaben des Gerichts umzusetzen.
Schon seit Jahren haben die Medizinstudiengänge mit Kapazitätsproblemen zu kämpfen. Laut Zahlen der Ärztegewerkschaft habe es im Jahr 1990 in den alten Bundesländern noch 12 000 Plätze gegeben. Im Wintersemester 2017/18 waren es nur noch 9176 Studienplätze – und das auf über 43 000 Bewerber.
In der Tendenz werden es also immer mehr Studierende auf immer weniger Plätze. „Für die aktuelle Studierendengeneration ändert sich allerdings noch nichts“, so Thomas Lobinger, Professor für Bürgerliches Recht an der Universität Heidelberg. Erst mit der Umsetzung durch Land und Bund solle die Verteilung gerechter werden.
Eva Gruse vom freien zusammenschluss der studentInnenschaften bewertet das Gerichtsurteil als „ambivalent“. So sei das Angehen der ungleichen Standortbedingungen und das Verhindern zu vieler Wartese-mester positiv zu bewerten. Trotzdem sei der NC eigentlich nur eine Übergangslösung. „Die einzige geeignete Lösung ist, das Kapazitätsproblem endlich anzugehen“, so Gruse.
Das Urteil könnte auch Auswirkungen auf andere Fächer haben. „Mittelbar könnte sich auch für andere Fächer wie Jura etwas ändern“, so Lobinger. „Eine Differenzierung zwischen den Herkunftsbundesländern wird man sicherlich auch in anderen Fächern übernehmen.“
Von Jakob Bauer