Studentische Beschäftigte sollen künftig direkt beim Studierendenwerk angestellt werden, trotzdem gibt es weiter Kritik von Studierenden und Gewerkschaft
Nach anhaltender Kritik an den Arbeitsbedingungen studentischer Aushilfen in den Mensen und Cafés des Studierendenwerks sollen diese nun direkt beim Studierendenwerk angestellt werden. Wie in der vergangenen Woche bekannt wurde, erhalten die Studierenden zunächst auf das kommende Sommersemester befristete Verträge mit fester Stundenzahl, die auf dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst basieren. Zuvor war ein Großteil der mehr als 250 studentischen Beschäftigten bei einer Tochterfirma des Studierendenwerks mit Verträgen angestellt gewesen, die sie vor jeder Schicht neu unterschreiben mussten. Angesichts der öffentlichen Kritik an diesem Modell hatte sich auch das Wissenschaftsministerium auf Anfrage von SPD-Landtagsabgeordneten mit dem Fall befasst und kam zu dem Schluss, dass man es begrüße, „dass die anderen Studierendenwerke in Baden-Württemberg von dieser Form von Tagesarbeitsverträgen keinen Gebrauch machen.“
Gegenüber dem ruprecht zeigen sich mehrere Beschäftigte, die anonym bleiben möchten, in vielen Punkten zufrieden mit den neuen Arbeitsverträgen. Dass es nun beispielsweise Krankengeld, Urlaubstage und möglicherweise Nachtzuschläge gebe, seien „erhebliche Verbesserungen“. Auch bekommen die Beschäftigten durch die Vorgaben des Tarifvertrags durchweg einen höheren Stundenlohn. Dennoch bleibt die Bezahlung weiterhin ein Kritikpunkt: Der Tarifvertrag sieht eine Einstufung in verschiedene Entgeltgruppen je nach Tätigkeit vor, die sich laut dem Studierendenwerk zwischen der niedrigsten Gruppe E1 für einfache Arbeiten und der vierten Gruppe E4 für Tätigkeiten mit mehr Verantwortung bewegen. Nach Angaben der Beschäftigten handele es sich aber überwiegend um die Gruppen E1 sowie E2 für Tutoren, wobei sie eine Einstufung mindestens in E2 fordern. „Ich fühle mich mit der neuen Regelung falsch eingruppiert“, bestätigt ein Beschäftigter. Auch die Heidelberger Verfasste Studierendenschaft (VS) und die Gewerkschaft ver.di schließen sich der Forderung an, mindestens E2 zu bezahlen. Die niedrigste Entgeltgruppe trotz nötiger Einarbeitung zu benutzen, sei „völlig unangemessen und eine falsche Anwendung des Tarifvertrags“, so ver.di-Gewerkschaftssekretär Christoph Miemietz.
Einen weiteren Kritikpunkt stellt die Tatsache dar, dass für alle aktuellen Verträge eine Probezeit von sechs Monaten vorgesehen ist. Damit erstreckt sie sich über die gesamte Laufzeit des ersten befristeten Vertrages. Gegenüber dem ruprecht bezeichnen mehrere Beschäftigte diese Klausel wahlweise als „Quatsch“ und „Unverschämtheit“, da sie für das Studierendenwerk keine Unbekannten seien, die noch eine lange Probezeit bräuchten. Das Studierendenwerk begründet seine Entscheidung damit, die Studierenden nicht bevorzugt gegenüber anderen Festangestellten zu behandeln, und sechs Monate seien die tarifliche Regel. Dagegen argumentiert die VS, es handele sich um eine „sachgrundlose Befristung“, für die der Tarifvertrag nur sechs Wochen Probezeit vorsehe.
Mit dem Wechsel von den täglich neu zu unterschreibenden Verträgen zu festen monatlichen Stundenzahlen soll die flexible Übernahme von Schichten, die zuvor möglich war, dennoch nicht verloren gehen. Nach Angaben des Studierendenwerks bekommen alle Angestellten ein Arbeitszeitkonto; darüber hinaus könne man Urlaubstage während der Prüfungszeit nehmen. Laut einer Sprecherin des Studierendenwerks stelle man außerdem in Aussicht, „im Rahmen des betrieblich Möglichen“ für einzelne Beschäftigte die Stundenzahlen auch auf Wunsch zu verändern. Wie der Vertrag letztlich in der Praxis umgesetzt wird, ist aus Sicht der Beschäftigten noch nicht endgültig klar. „Da ist trotzdem eine gewisse Unsicherheit“, betont ein Beschäftigter. Denn der Vertrag enthalte auch eine Klausel, dass man bei Bedarf zum Beispiel für Überstunden und Mehrarbeit herangezogen werden könne.
Auch über die Art und Weise, wie die neuen Verträge zustande kamen, herrscht weiter Uneinigkeit. Als Reaktion auf die öffentliche Kritik und Beschwerden von Beschäftigten hatte sich eine Arbeitsgruppe aus der Geschäftsleitung und Studierenden gebildet, um bei zwei Treffen Lösungen zu finden – jedoch ohne Beteiligung der VS oder der Gewerkschaft. Solche Gespräche fielen „ausnahmslos in die Zuständigkeit der Geschäftsführung und des Personalrats“, so eine Sprecherin des Studierendenwerks. Die Verfasste Studierendenschaft und Beschäftigte bezeichnen die zwei Termine dagegen als „Alibi-Aktion“ und „eine einzige Farce“. Man habe Probleme zwar ansprechen können, doch es sei der Eindruck entstanden, der Geschäftsführerin Ulrike Leiblein gehe es letztlich nicht um einvernehmliche Lösungen. „Einige Kollegen haben zufällig eine Woche vor dem zweiten Termin erfahren, dass die Verträge schon feststehen würden“, erklärt auch ein Beschäftigter. Und das, obwohl von Seiten der Beschäftigten versucht worden sei, Vorschläge und Meinungen der Studierenden zu sammeln. Nach Angaben des Studierendenwerks handelt es sich dabei jedoch um ein Vertragsmodell, dass man bereits 2014 den Studierenden auf Initiative des Personalrats hin angeboten habe – als Alternative zu den Tagesverträgen. „Keiner der Studierenden hat dieses Vertragsangebot 2014 angenommen“, so die Studierendenwerks-Sprecherin.
Nun haben die studentischen Beschäftigten bis Ende März Zeit, die ab April angesetzten Verträge zu unterschreiben. Ein Beschäftigter vermutet, dass zwar viele Studierende mit dem aktuellen Ergebnis „voll zufrieden“ sein dürften, manche dürften aber aus Unsicherheit über die neuen Vertragsbedingungen mit ihrer Unterschrift noch zögern.
Von Simon Koenigsdorff