Bülent Ceylan, der Monnemer Türk, kreiert mit Regisseur Cüneyt Kaya in seinem Film „Verpiss dich, Schneewittchen!“ eine – für deutsche Comedyverhältnisse – Neuheit: Anstatt das Bühnenkonzept des Komikers einfach wie bisher üblich zu verfilmen, nimmt Cylan eine vollkommen neue Rolle ein:
[dropcap]E[/dropcap]r ist Musiker Sammy, der sich sein Geld bisher mit Auftritten in Pflegeheimen verdient. Natürlich finden sich einzelne Verweise auf das klassisches Bühnenprogramm des Mannheimers, jedoch sind diese eher hintergründig. So kommentiert bereits im Intro des Films eine Schildkröte, deren Panzer mit einem „Atomkraft? Nein Danke“ -Sticker veredelt ist, die Handlung im Hasan-Dialekt. Allerdings dreht sich der Film in erster Linie um Rockmusik und Bülent Ceylans Haarpracht, also doch Schlüsselbegriffe, die der Kenner selbstsicher mit dem Komiker in Verbindung zu bringen weiß.
Sammy (Bülant Ceylan) und seine Schwester Jessi (Josephine Preuß) müssen für den sich im Urlaub befindenden Bruder Momo (Kida Khodr Ramadan) das Hamam betreiben. Ein unglücklicher Zeitpunkt, findet doch gerade jetzt eine Castingshow statt, bei der Sammy seinen Lebenswunsch, als Rockmusiker bekannt zu werden, zu verwirklichen hofft. Tatsächlich stehen die Chancen für Sammy beim Casting mehr als gut, doch steht zwischen ihm und dem Erfolg nicht weniger als eine fehlende Band. Ob sich drei weitere Musiker innerhalb von einer Woche finden lassen, steht nicht in den Sternen sondern in einem laienhaften Drehbuch. Gemeinsam mit seiner Schwester als Djane, seinem korpulenten Hamamgast und Freund Mahmut (Özgür Karadeniz) als menschliche Trommel und dem Ex-Nazi Wolfgang (Paul Faßnacht) als Körperperkussionist tritt Gitarrist Sammy schließlich gegen Bands verschiedener Genres und die patriotischen Gruppe „Freiland“ an, die beim obligatorischen Fotoshooting subtil verfassungsfeindliche Grußmethoden ausführt.
Der Zuschauer merkt dem Film an, dass Ceylan eine ernste und aktuell außerordentlich wichtige Botschaft vermitteln möchte. Wolfgangs Nazimilieu aber auch Sammys Hamamgäste müssen sich den einen oder anderen Rassismusvorwurf anhören. Der Titel des Films ist ein Zitat aus dem Film: „Verpiss dich, Schneewittchen!“ ruft ein Rechtsradikaler Sammy noch hinterher, während dieser vor der gewaltbereiten Gruppe flüchtet.
Ceylans Botschaft wird dann leider von einer klischeehaften und unkreativen Story mehr schlecht als recht getragen. Sich über Castingshows zu mokieren ist leider passé und auch Gesangseinlagen vermögen keine ausreichende Unterhaltung zu begründen. Ein Lichtblick bietet die schauspielerische Leistung von Josephine Preuß, der es gelingt, trotz Pointenmangel ihren Charakter humorvoll und unterhaltsam zu performen. Wenige Lacher können letztlich noch die Gastauftritte von Olaf Schubert, Hausmeister Krause und anderen für sich gewinnen. „Verpiss dich, Schneewittchen!“ ist ein Film mit Potential, welches mit ausgereiftem Humor und einer originellen Handlung durchaus hätte fruchten können.
Von Bérènice Burdack