Die Schilling Roofbar scheint sich von Frankfurt nach Bergheim verirrt zu haben. Banker und City-Girls sollten ihre Kreditkarte mitnehmen.
[dropcap]V[/dropcap]on der „Schilling Roofbar“ sieht man auf den ersten Blick mehr Erdgeschoss als Dach. Wenig erinnert im nüchternen Treppenhaus des sogenannten Kraus-Turms – mit acht Stockwerken eher ein Türmchen – an das bierselige Flair einer handelsüblichen Kneipe. Dieser Eindruck bessert sich leider kaum, wenn man auf den obersten zwei Etagen aus dem Fahrstuhl tritt und sich unter die illustre Schar verkrampfter Tinder- und ElitePartner-Dates mischt.
Wo bis Juni 2016 die turmBAR residierte, empfängt seit Anfang dieses Jahres das Schilling seine Gäste in Lounge-Atmosphäre mit viel schwarzem Leder und eintöniger Musik vom mäßig motivierten DJ. Während der vollverglaste Panoramablick über die Stadt kurzzeitig alle Aufmerksamkeit auf sich lenken kann, stellt sich relativ schnell Ernüchterung ein, wenn man in der Getränkekarte blättert. Von diesem Sammelsurium, das verdächtig an die Do-It-Yourself-Kalender einschlägiger Drogeriemarktketten erinnert, grüßt das von Nirvana geklaute Wohlfühlmotto des Ladens: „Come as you are.“
Eine Bar für alle will das Schilling mit seinem unprätentiösen Credo also sein – für alle, die mindestens zehn Euro für einen Gin Tonic oder Moscow Mule locker machen können. Letzterer kommt nicht in der üblichen Kupfertasse, sondern in einem blechernen Blumentöpfchen und gerät leider zum lauen Gurkensaft. Wer nicht für durchschnittliche Longdrinks zu begeistern ist, kann sich für stolze 18 Euro die günstigste Flasche pfälzischen Rosés genehmigen. Die wird aus Stylegründen sogar im goldenen Kühler kredenzt, der sich auf den zweiten Blick allerdings als Pflanzkübel von IKEA entpuppt.
Es ist natürlich keine Schande, seinen Laden im schwedischen Möbelhaus einzurichten – aber es ist lächerlich, diesen dann als Frankfurter Edelschuppen verkaufen zu wollen. Denn auch die vermeintlich inklusive „Come as you are“-Attitüde des Schilling kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bar in Wirklichkeit eine ziemlich exklusive Adresse sein will für alle, die schon immer mal mitleidig auf das gemeine Fußvolk der Erdgeschoss- und Kellerkneipengänger herabschauen wollten.
Für eher durchschnittlich klamme Studierende hingegen endet der Abend, wie er begonnen hat: nüchtern im Treppenhaus. Selbst wenn man sich das Schilling schön trinken wollte, ist es dafür schlichtweg zu teuer.
Von Tillmann Heise