Das neue Landeshochschulgesetz ist verabschiedet. Studierendenvertretungen kritisieren Streichung des „politischen Mandats“ und Mehrheit der Hochschullehrer im Senat.
Genau zum 50. Jahrestag der Verabschiedung des ersten Hochschulgesetzes in Baden-Württemberg hat der Landtag am 7. März das Landeshochschulgesetz (LHG) mit dem Hochschulrechtweiterentwicklungsgesetz (HRWeitEG) erneuert. Mit dem neuen Gesetz wird die Hochschullehrermehrheit in den Uni-Gremien gesichert, eine neue Statusgruppe für Promovierende geschaffen und das politische Mandat der Verfassten Studierendenschaften (VS) gestrichen.
Der Studierendenrat (StuRa) Heidelberg äußert sich enttäuscht über das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens. In einem Statement heißt es: „Studierende und studentische Anregungen werden von der grün-schwarzen Landesregierung nicht ernst genommen.“ Man hätte zahlreiche Änderungsvorschläge, die die Studierendenvertretungen gemacht hatten, nicht berücksichtigt. So hatte der StuRa unter anderem kritisiert, dass die vorgesehene Neuregelung des Status für Promovierende dazu führt, dass Vorteile wie beispielsweise Studierendenrabatte für Veranstaltungen oder Semestertickets wegfallen könnten.
Problematisch sei ebenfalls, dass „die Einrichtung der neuen Gruppe zulasten der studentischen Vertretung in den Gremien“ erfolgt. Promovierenden steht mit der neuen Statusgruppe auch Vertretung in den Unigremien wie dem Senat zu. Im Senat sind die Studierenden mit vier studentischen Vertretern von insgesamt 20 Amtsmitgliedern jedoch sowieso unterrepräsentiert. Zwar sieht das neue Gesetz eine Mindestquote für die nichtprofessoralen Wahlmitglieder vor, diese verhindere aber nicht, dass die Studierenden gegen die Promovierenden und den Mittelbau ausgespielt werden, so der Kommentar zur Gesetzesnovelle.
Schließlich ist noch eine kleine, aber wirkungsvolle Änderung nennenswert: Der Passus „Im Rahmen der Erfüllung ihrer Aufgaben nimmt die Studierendenschaft ein politisches Mandat wahr“ wird gestrichen. Der StuRa traut dem Ganzen nicht: „Wir verstehen die Streichung als einen Angriff auf die Kompetenzen der Verfassten Studierendenschaft. Es entsteht der Eindruck, dass das Rad der Zeit wieder zurückgedreht wird und Studierende wieder mundtot und handlungsunfähig gemacht werden sollen – so wie schon von 1977 bis 2012.“
Nötig geworden war die Novellierung wegen einer Verfassungsbeschwerde eines Professors aus Karlsruhe, der vor Gericht zog, weil Hochschullehrer im „organisatorischen Gesamtgefüge“ der Hochschulen im Gegensatz zu den Rektoraten zu wenig Macht hätten. Und er bekam Recht. Somit beziehen sich einige Änderungen im LHG auch auf eine Hochschullehrermehrheit. Die Rektorate bleiben trotz der Novellierung des LHG aber stark: „Wir haben uns bewusst für starke Hochschulleitungen entschieden“, so Theresia Bauer. Im Gegenzug wird nun eine absolute Mehrheit der Hochschullehrer und -lehrerinnen zur Abwahl des Rektorats ausreichen. Dies verfestigt nach Meinung des StuRa die Mehrheit der Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer im Senat.
Man habe zudem die Chance verpasst, alle Sitzungen von Unigremien öffentlich zu machen. Denn aktuell tagen die Entscheidungsgremien im Geheimen. Ein entsprechender Antrag der SPD-Fraktion im Landtag wurde abgelehnt. Auf die Anregung durch den StuRa, man möge die Sitzungen öffentlich machen, reagierte das Wissenschaftsministerium mit der Anmerkung „die geltenden Regelungen haben sich bewährt und sind der Arbeitsfähigkeit der Gremien zuträglich.“
Viele der kritischen Einwände der Studierenden in Baden-Württemberg schlagen sich trotz zahlreicher Proteste und Aktionen nicht in der Neuauflage des Gesetzes nieder. Theresia Bauer hingegen ist zufrieden: „Wir haben den Geist des Urteils umgesetzt und weiterentwickelt. Mit dem neuen Landeshochschulgesetz stärken wir die Wissenschaftsfreiheit der einzelnen Wissenschaftlerin oder des Wissenschaftlers, aber gleichzeitig auch die Freiheit der Wissenschaftsinstitution als Ganzes.“
Von Julia Edelmann
[box type=“shadow“ ]Chance verpasst!
Was die Landesregierung in Baden-Württemberg von studentischer Mitbestimmung hält, zeigt sich nicht nur in der Novelle des LHG, sondern auch im Umgang mit der studentischen Beteiligung während des Gesetzgebungsverfahrens. Trotz Postkartenaktionen und Kommentierungen wurde kaum einer der berechtigten Einwände der Studierendenvertretungen umgesetzt. Stattdessen wird nun definitiv das politische Mandat der VS gestrichen, was die studentische Mitbestimmung auch in Zukunft gefährden könnte. Mit der neuen Statusgruppe wird darüber hinaus Unsicherheit für Promovierende geschaffen. Diese müssen nun auf neue Regelungen für Studierendenrabatte und Semestertickets warten. Der Verlust der Studierenden und Promovierenden ist der Gewinn der Professoren. So wird die Mehrheit der Professoren im Senat zementiert. Studentische Mitbestimmung und Transparenz der Hochschule sieht anders aus. Dass das Wissenschaftsministerium davon nicht viel hält, zeigt auch schon, dass die wichtigsten Uni-Gremien weiter hinter verschlossenen Türen tagen. Schade – denn die Novelle des LHG, die von einer grünen Landesregierung gemacht wurde, hätte weiß Gott anders aussehen können.
Von Esther Lehnardt[/box]