Die LandesAStenkonferenz möchte ein Semesterticket für ganz Baden-Württemberg einführen. Bis Anfang Mai konnten sich Studierende in einer Online-Umfrage dazu äußern. Doch ist die Einführung eines landesweiten Semestertickets sinnvoll?
Ein landesweites Semesterticket ist ein Angebot, das in Baden-Württemberg überfällig ist, andere Bundesländer sind hier viel weiter. Mit dem Semesterticket den gesamten öffentlichen Nahverkehr des eigenen Bundeslandes nutzen zu können, ist ein Gewinn für die meisten Studierenden. Endlich wäre die in unserem bisherigen lokalen Semesterticket ungünstige Ost-West-Ausdehnung des Tarifgebietes, zumindest nach Süden, aufgebrochen. Studierende, die Praxissemester oder Praktika außerhalb des Tarifgebiets, aber innerhalb Baden-Württembergs absolvieren müssen, sind endlich nicht mehr auf teure Anschlusstickets oder Einzelfahrscheine angewiesen, sondern können ihren Praktikumsort mit einem vergleichsweise günstigen Semesterticket erreichen. Die Abend- und Wochenendregelung böte allen Heidelberger Studierenden dann auch die Möglichkeit, in ihrer Freizeit das Bundesland zu erkunden und das sogar, ohne das Ticket wirklich erwerben zu müssen – den Studiausweis einpacken und los geht‘s.
These 1: Ein solidarisch finanziertes landesweites Semesterticket ist ein Gewinn für alle Studierenden.
Auch wenn das jetzige Modell nur teilsolidarisch angelegt ist, wirkt es sich gewinnbringend auf alle Studierenden aus. Für diejenigen, die das Ticket wirklich brauchen, da sie große Strecken durch Baden-Württemberg pendeln, wird das Ticket insgesamt wesentlich güns-tiger. Diejenigen, die es für diesen Zweck nicht brauchen, haben für umgerechnet circa zwölf Euro mehr im Monat die Möglichkeit, nach 18 Uhr an Werktagen, sonntags und an Feiertagen sogar ganztägig, das gesamte Angebot des öffentlichen Nahverkehrs im Land zu nutzen. Solch ein Angebot gibt es für keine andere Bevölkerungsgruppe. Es ergeben sich so völlig neue Möglichkeiten zur Vernetzung und zum Austausch der Studierenden der verschiedenen Hochschulen. Auch Familienmitglieder, Freundinnen und Freunde in Baden-Württemberg lassen sich dann spontan und ohne Extrakosten besuchen.
These 2: Ein landesweites Semesterticket ist für Studierende aus der Mitte des Landes sinnvoller als für Grenzstädte wie Heidelberg.
Das ist sicherlich erst einmal grundsätzlich richtig. In einer Stadt wie Stuttgart kommt man, bedingt durch die geographische Lage, vom Hochschulort aus weiter in alle Himmelsrichtungen. Doch es gilt zu bedenken, dass das lokale Semesterticket nicht verloren geht, sondern erhalten bleibt. Sodass man, wenn man dann dieses kauft, immer noch die Möglichkeit hat, das VRN-Tarifgebiet (ohne Westpfalz) mit Bus, Bahn und Fähre zu befahren. Wir sollten hier aber nicht aufhören, sondern die Augen auch nach Norden richten, und dafür sorgen, dass es auch bald ein Anschlussticket in den Rhein-Main-Verkehrsverbund gibt (umgekehrt besteht die Möglichkeit bereits). Damit die Heidelberger Studierenden dann in der Lage sind, die für sie ideale Kombination an Tickets zu kaufen, um mit dem ÖPNV ökologisch nachhaltig zu pendeln.
These 3: Kosten für das diskutierte Modell von mehr als 300 Euro eines landesweiten Semestertickets sind zu hoch und wenig sozial verträglich.
Der hohe Preis mag einen zunächst abschrecken, doch geht man ins Detail und vergleicht die Kosten mit anderen Tickets, wird klar, dass die Studierenden vergleichsweise günstig wegkommen. Wer gar kein Ticket kauft, dem entstehen in Heidelberg dann Kosten von 97,55 Euro pro Semester, also etwa zwölf Euro im Monat. Dieser Betrag sollte sich sogar noch reduzieren lassen, weil dort im Moment ein Teil enthalten ist, der dafür sorgt, dass wir in Heidelberg und angrenzenden Waben (die Studis der Medizinischen Fakultät Mannheim, entsprechend in Mannheim) nach 19 Uhr und am Wochenende mit unserem Studiausweis das Angebot des ÖPNV nutzen können, das wäre aber durch das landesweite Semesterticket bereits abgedeckt. Und bei den teuren optionalen Tickets sollten wir uns dafür einsetzen, dass sie günstiger werden, und bei der Landesregierung um Subventionen kämpfen.
Von André Müller