Studierende aus Heidelberg gründen eine neue Literaturzeitschrift. Im Abriss findet sich alles von Gedicht bis Drehbuch
[dropcap]E[/dropcap]ben fachsimpelten sie noch über Beck, Rowohlt und Co., im April erschien die erste Ausgabe des Abriss. Mit der Zeitschrift für Gegenwartsliteratur haben sich Christiane Schröter und Christopher Henning einen Traum erfüllt. Von einer Unterhaltung über das Verlagswesen kamen sie auf die Idee, eine eigene Zeitschrift herauszubringen. Der Abriss soll Literaturinteressierten nun in regelmäßigen Abständen einen Einblick ins weite Feld der Gegenwartsliteratur geben.
Kennengelernt haben sich die Germanistikstudentin und der Philosophiestudent über den Heidelberger Philosophie-Verein delta. In Lesekreisen rund um das Netzwerk des „artes liberales – universitas“ entdeckten die Freunde ihre gemeinsame Leidenschaft fürs Lesen und Schreiben. Die Literaturliebhabenden hielten an ihrer Idee, eine eigene Zeitschrift zu gründen, fest und konkretisierten sie.
„Texte zusammenbringen, die weder thematisch noch ästhetisch zusammengehören, und eine Plattform bieten, die von anderen Menschen gefüllt wird“, fassen die beiden die Idee des Abriss zusammen. Christiane und Christopher möchten den Schreibenden ein möglichst leeres Blatt Papier bieten und die Gestaltung des Abriss ganz den Texten überlassen. Die erste Ausgabe besteht aus Gedichten, Prosa, Drehbüchern und Theaterstücken von Autorinnen und Autoren aus Heidelberg und Berlin. „Es geht um das Teilhafte. Den Anspruch, gerade nicht etwas Ganzes zu produzieren“, finden Christiane und Christopher, denn „die interessantesten Momente sind die, in denen die Sprache abreißt“. Mit dem Titel Abriss wollen die beiden unterstreichen, dass es nicht um Vollständigkeit geht. „Wichtig ist, dass nicht etwas geschaffen wird, das über sich hinauswachsen will und man diese Bemühungen merkt“, erklären die Gründer ihr Auswahlkriterium für die Texte der ersten Ausgabe. Abriss soll für stimmige, individuelle Texte stehen, die mit neuen Mitteln und Wegen experimentieren. Christopher und Christiane wollen nichts „aus der Dose“.
Einen didaktischen Ansatz verfolgen sie dabei nicht, die ausgewählten Texte sollen nicht explizit zum Nachdenken anregen. Stattdessen geht es um die besonderen Momente beim Lesen: „Wir hatten spannende Momente mit den Texten. Wir möchten diese Momente teilen und einen Diskussionsraum eröffnen, in dem sie neu verhandelt werden.“
An Idealen mangelt es den beiden Jungverlegenden also nicht – für die erste Ausgabe musste das Abriss-Team trotzdem vor allem auf Texte von Freunden und Bekannten zurückgreifen. In der kommenden Oktober-Ausgabe wollen sie nun weitere Kreise ziehen: Jeder, der die Begeisterung verspürt, kann seine Texte an die Redaktion schicken – und mit etwas Glück ist der dann schon in der nächsten Ausgabe zu lesen.
Von Eylül Tufan und Sophie Imhoff