Von der Akademie in die Arbeitslosigkeit: Nach der Promotion stehen viele Akademiker auf wackligen Füßen. Wissenschaftler aus Mannheim und Heidelberg haben in einer Studie ihre Situation unter die Lupe genommen. Über Anerkennung, Befristungen und Chancen.
Im Rahmen einer Umfrage mit 425 Befragten forschten Dirk Theile (Universität Heidelberg) und Henrike Helmer (IDS Mannheim) zusammen mit Mitgliedern der Mittelbauinitative über die aktuelle Situation des akademischen Mittelbaus in beiden Städten. Mehrheitlich haben sich Doktoranden und Postdocs zur Befragung gemeldet, überwiegend gaben sie die Promotion, beziehungsweise die Habilitation als Qualifikationsziel an.
In Heidelberg und Mannheim haben Akademiker durchschnittlich eine Vertragsdauer von zwei Jahren und eine bisherige Anzahl von zwei Verträgen gehabt. Bei Postdocs können es dagegen bis zu acht Verträge sein. Sowohl Postdocs als auch Doktoranden haben in über 90 Prozent der Fälle befristete Stellen. Darüber hinaus hat nur jeder 25. Doktorand die Chance auf eine Professur – was in Ordnung wäre, wenn der Rest ordentliche Berufsaussichten hätte.
Die Teilnehmer kritisierten die mangelnde Kommunikation mit den Vorgesetzten über akademische und berufliche Chancen, die fehlende Anerkennung der Lehre und den hohen Publikationsdruck, der zu einer Höherbewertung von Quantität über Qualität führt. 20 Prozent der Befragten gaben zudem an, dass sie sich aufgrund planerischer und finanzieller Unsicherheit gegen eine Familiengründung entschieden haben. Trotz des familienfreundlichen Images beider Universitäten sind Kinder und Karriere nicht vereinbar.
Eine Befragte schrieb: „Die meisten Frauen im wissenschaftlichen Mittelbau verzichten entweder komplett auf Kinder (und bereuen dies später sehr) oder steigen, nachdem sie erfahren haben, wie schwer sich die wissenschaftliche Karriere mit Familie vereinbaren lässt, aus der Forschung aus.“ Ein Befragter schrieb sogar: „Kündigen. Es lohnt sich!“
Dennoch sind die befragten Akademiker im Großen und Ganzen zufrieden mit ihrer Arbeit, vor allem mit den Kollegen, den Vorgesetzten und den Tätigkeiten. Besonders positiv fallen die zeitliche und räumliche Flexibilität im Sinne von freier Zeiteinteilung und HomeOffice auf – Mobilität dagegen wird negativ bewertet.
Verbesserungsbedarf sehen die Befragten bei den Entwicklungsmöglichkeiten und den Perspektiven. Viele wünschen sich, nach einer Phase der Teilzeitarbeit wieder in Vollzeit arbeiten zu können, dass Kinder betreut werden oder Stellen unbefristet sind. Darüber hinaus wünschen sie sich Alternativen zur Professur geschaffen werden, da nicht genug Stellen „vorhanden sind und man sich dann noch jahrelang als Privatdozent im Prekariat befinden soll.“
Von Eduard Ebert