Studentische Forschung an Hirntumoren bei Kindern
Das Radio dudelt friedlich vor sich hin, während Max sein Molekül-Süppchen kocht. Konzentriert schiebt er die Pipettenspitze in eines der vielen Gefäße, die vor ihm im Labor aufgereiht sind. Mit ruhiger Hand saugt er einen kleinen Tropfen einer durchsichtigen Flüssigkeit auf, um ihn dann mit geübten Griffen gleichmäßig auf mehrere Gefäße zu verteilen. Nebenbei plaudern wir. Für Maximilian Yuanzhe Deng sind die Handgriffe längst Routine. Seit eineinhalb Jahren forscht der Medizinstudent im Rahmen seiner Doktorarbeit am Deutschen Krebsforschungszentrum in der Abteilung für pädiatrische Neuroonkologie. In seiner Arbeitsgruppe dreht sich alles um kindliche Hirntumore. „Schon vor Beginn des Studiums wollte ich immer in Richtung Neurochirurgie, vielleicht habe ich zu viele Serien geschaut“, scherzt der Arzt in spe.
Max‘ Aufgabe ist es, eine spezielle Gruppe von Hirntumoren, die Gliome, anhand ihrer Moleküle zu klassifizieren. Die befinden sich auf der Zelloberfläche jeder guten und bösen Zelle. Manche Moleküle dienen den Krebsforschern als Marker: Sie zeigen an, wie aggressiv ein Tumor ist oder auf welche Medikamente er besonders empfindlich reagiert. Noch entscheidet das Aussehen der Krebszellen unter dem Mikroskop darüber, welche Therapie die beste ist. Nicht jede Tumorzelle, die gleich aussieht, spricht aber in demselben Maße auf die Medikamente an. Molekulare Marker können viel genauer vorhersagen, welche Behandlung für welches Kind die aussichtsreichste ist. Bevor sie sich in Zukunft als Standardmethode etablieren, müssen Forscher wie Max aber erst für jeden Tumortypen die vorhandenen Molekülmarker nachweisen und sortieren. Dazu wird die DNA aus den Tumorzellen herausgelöst und analysiert. An die muss man aber erstmal kommen.Die murmelgroßen Tumore, die Max aus deutschen und internationalen Kliniken erhält, bearbeitet er erstmal mit einem Hammer. Es folgen eine Menge komplizierter Schritte, die er so zusammenfasst: „Du pipettierst durchsichtige Flüssigkeiten zusammen und am Ende schickst du deine DNA zur Qualitätskontrolle, und wenn die gut ist, hast du DNA aus deinem Tumor isoliert.“ Die Arbeit im Labor macht ihm so viel Spaß, dass Max sich gut vorstellen kann, später während seiner Assistenzarztzeit ein paar Jahre forschungsfrei zu nehmen.
Dabei ist Krebs bei Kindern kein leichtes Thema. „Viele Kinder, von denen wir die Tumore haben, sind schon verstorben. Und sich vor Augen zu führen, dass der Tumor wahrscheinlich der einzig biologisch erhaltene Teil eines Kindes ist, hat mich am Anfang schon nachdenklich gemacht.“ Natürlich sei der Gedanke an die kleinen Patienten nicht mehr so präsent, wenn man viele Tage und Wochen im Labor verbringt, sagt Max. Die Schicksale der Patienten verlassen die Forscher aber nicht: „Jeder Knick in einer Kurve, jeder Fall ist wirklich ein Kind, das an dem Tumor gelitten hat.“
Von Esther Megbel