StudyDrive und Co. vermarkten Mitschriften online
Manch eine Vorlesung findet zu beinahe unzumutbaren Zeiten statt. Um neun Uhr morgens an einem Dienstag in die Uni? Dann doch lieber motiviertere Freunde unterschreiben lassen. Je näher jedoch die Klausurenphase rückt, desto drängender wird das schlechte Gewissen. Als verantwortungsbewusster Studierender könnte man nun, ganz oldschool, Kommilitonen nach den fehlenden Unterlagen fragen oder aber man nutzt Online-Plattformen, wie StudyDrive, StuDocu oder Unidog. Diese erlauben es, Mitschriften und Altklausuren zu teilen, teilweise gegen Geld oder Prämien. Das Berliner Start-Up StudyDrive hat nach Angaben von gründerszene.de ungefähr eine Million Nutzer. Die Benutzung der Plattform ist kostenlos, nur eine Registrierung ist notwendig, bei der man zuerst seine Universität auswählen kann. Allerdings scheint das Angebot von Heidelberger Studierenden weniger in den Geisteswissenschaften genutzt zu werden.
„Ich persönlich habe solche Plattformen noch nie genutzt. Ich denke auch, dass es für meine relativ kleinen Studienfächer keinen Bedarf an hochgeladenen Folien gibt. Das meiste finde ich auf Moodle und wenn ich Mitschriften brauche, frage ich ganz einfach Kommilitonen“, räumt Julia ein, die Anglistik und Germanistik in Heidelberg studiert. In den Sozial- und Politikwissenschaften scheint die Plattform allerdings verbreiteter zu sein. StudyDrive funktioniert über sogenannte Credits. Erreicht man 8000 davon, könne man beispielsweise eine Soundbox gewinnen. Dennoch stellt sich die Frage, ob die Verbreitung von Inhalten aus Vorlesungen oder Seminaren überhaupt rechtmäßig ist. Andreas Forsthoff, der eine Kanzlei für gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht in Heidelberg besitzt, äußert Bedenken, denn „das Anfertigen einer Mitschrift ist streng genommen bereits eine Vervielfältigung“. Der Inhalt einer Vorlesung ist demnach als Sprachwerk einzustufen und unterliegt dem Urheberrecht. Wird diese nur privat verbreitet, stellt das kein Problem dar, schwierig wird es allerdings bei einer Weitergabe an Dritte. Die Rechte an einer Vorlesung besitzen die Dozierenden, die die Inhalte entwickelten. Theoretisch können sie also Schadensersatz fordern, unabhängig davon, ob die Mitschriften kommerziell verbreitet wurden. „Strafverfahren wegen einer Verletzung urheberrechtlich geschützter Werke sind jedoch meiner Erfahrung nach äußerst selten“, berichtet Forsthoff. Wenn es doch einmal dazu kommen sollte, richteten sich diese eher gegen die Betreiber kommerzieller Plattformen als gegen einzelne Studierende.
Es gibt viele gute Gründe, Veranstaltungen nicht zu besuchen, wenn sie mit der Arbeit kollidieren oder man an diesem Tag krank ist. Manchmal sind sie schlicht und ergreifend sterbenslangweilig. Plattformen wie StudyDrive können dabei Abhilfe schaffen. Aufgrund der geringen Nutzung in Heidelberg und der theoretisch kritischen Rechtslage scheinen sie aber wenig praktikabel.
Von Nele Bianga