Tauben haben ein schlechtes Image – zu Unrecht, findet der 23-jährige Felix. Als Hobbyzüchter will er mit Vorurteilen aufräumen
[dropcap]T[/dropcap]auben sind dreckig, übertragen Krankheiten und verschmutzen die Städte. Gegen diese und viele weitere Vorurteile hat Felix Hufnagel täglich zu kämpfen. Die Taubenzucht ist ein Hobby, das ausstirbt, trotzdem hält der 23-Jährige daran fest.
Felix ist mit der Zucht von Brieftauben aufgewachsen. Sein Vater ist selbst Taubenzüchter im Verein, deshalb bekam Felix seinen eigenen Taubenschlag bereits mit 13 Jahren. Seitdem besucht er sein kleines Taubenreich in der Kirchheimer Vereinsanlage zweimal täglich, um die Tauben zu füttern und nach ihnen zu sehen. Die Taubenschläge stehen dort in einer Art Kleingartenanlage. Es ist sehr ruhig, sehr grün und die Tauben machen es sich auf dem Rasen und dem Dach ihres Schlags in der Sonne gemütlich; ebenso Felix. Mit den anderen Taubenzüchtern in der Anlage tauscht er Tipps über den Gartenzaun hinweg aus. „Es ist sehr entspannt, die Anlage wie einen kleinen Garten außerhalb der Stadt zu nutzen, besonders mit Freunden im Sommer“, sagt der junge Züchter. In seinem engen Freundeskreis ist es inzwischen normal, dass Felix ein so seltenes Hobby hat. Nur wenn er neue Leute kennen lernt, muss er oftmals viele Fragen beantworten und vor allem mit antiquierten Vorurteilen aufräumen. „Durch Gespräche schafft man Aufmerksamkeit und ein Bewusstsein für die Taubenzucht“, sagt er.
In seinem Taubenschlag leben inzwischen beinahe 80 Tauben. Jedes Jahr kommen 60 bis 70 Jungtauben dazu, von denen am Ende nur 20 übrig bleiben. „Was passiert mit den Tauben?“, frage ich bei meinem Besuch naiv. „Viele Jungtauben erfrieren im Winter, oder werden von Raubvögeln gerissen. Manche sind auch einfach zu schlecht, dann bringe ich sie zum Falkner“, so Felix. Seine Tauben fliegen hauptsächlich auf Wettflügen. Dafür bereitet Felix die Tauben das ganze Jahr über vor: Er badet sie, sorgt für die richtige Ernährung und gibt ihnen Erholungszeiten. „Am Anfang sind die Wettflüge frustrierend“, meint Felix, „da all deine Gegner schon Vollprofis sind.“ Für Wettflüge werden die Reisetauben der Teilnehmer in der Region eingesammelt und mit einem Laster an einen Aussetzort gefahren. Das kann zum Beispiel in Frankreich sein, also ein Kurzstreckenflug, bei dem die Tauben knapp 322 Kilometer zurücklegen müssen. Im Durchschnitt fliegen sie diese Strecke ab 7 Uhr und sind gegen 11 Uhr wieder zuhause. Ein Langstreckenflug wäre beispielsweise ab Barcelona. „Es ist ein kompetitives Hobby, doch das Wohl der Tiere steht immer an erster Stelle“, sagt Felix. Auch die Wettflüge werden schwieriger, da sich immer weniger Züchter für Wettflüge finden. Neben den Wettflügen versorgt er Freunde und Bekannte mit weißen Tauben für Hochzeiten.
Auch wenn Felix zukünftig studien- und berufsbedingt weniger Zeit hat, will er sein Hobby weiter ausbauen. Es ärgert ihn, dass die Tauben als „Ratten der Lüfte“ betitelt werden und man den Taubenzüchtern vorwirft, dass sie Tauben aussetzen würden, die dann die Städte verschmutzen. Er unterstützt den derzeit in Heidelberg diskutierten Vorschlag, einen städtischen Taubenturm einzurichten. Doch das reicht für ihn nicht aus: „Das Problem mit den Stadttauben ist, dass sie nicht versorgt werden und keine gute Ernährung bekommen. Deshalb ist ihr Kot so aggressiv. Doch ein einziger Taubenturm wird daran wenig ändern.“ Damit das Image der Taubenzüchter und vielleicht auch das der Tauben ein besseres wird, müssten mehr junge Menschen sich in die Taubenzucht einbringen. Der Deutsche Taubenzuchtverband hat Felix deshalb bereits gefragt, ob er sich vorstellen könnte, mit ihnen eine Werbekampagne zu starten.
Von Maren Kaps