„Halt mal kurz“ hieß es am Samstagabend auf der Heidelberger Neckarwiese. Das Marotte Figurentheater brachte Marc-Uwe Klings Känguru als Stück zum KinderTheaterFestival.
Ein Känguru geht um auf der Heidelberger Neckarwiese. Ein kommunistisches Känguru, das bisher nur in Berlin anzutreffen war. Am vergangenen Samstag brachte das Marotten Figurentheater aus Karlsruhe es im Rahmen der KindertheaterFestivals des Kulturfensters nun auf die Heidelberger Bühne – komplett mit Schnapspralinen, Scheißverein-Aufklebern und dem obligatorischen Nirvana-Soundtrack.
Die Geschichte um die skurrile Wohngemeinschaft des kommunistischen Kängurus und des Kleinkünstlers Marc-Uwe Kling hat Kultstatus unter Studierenden. Die vom Autor selbst eingesprochenen Hörbücher finden sich auch mehrere Jahre nach Erscheinen immer noch auf den Bestsellerlisten. Der Stoff lockt das Publikum und so ist im Zelt am Samstag kaum ein Platz frei und die beiden Schauspieler stehen vor einer gewaltigen Herausforderung: Wie wird man den Bildern und Szenen, die die Zuschauenden im Kopf haben gerecht?
Die beiden Schauspieler des Marotte Figurentheater finden darauf ihre ganz eigene Antwort. Neben den obligatorischen Szenen, die alle Känguru-Fans auswendig mitsprechen kann – Stichwort „Ding Dong, es klingelt“ – und den allseits bekannten und beliebten Elementen, nutzen die beiden das Bühnenformat, um die Figur des Kängurus an entscheidenden Stellen zu vertiefen. So wechseln sich der männliche und die weibliche Stimme des Kängurus ab, um die Frage nach dem Geschlecht des Kängurus noch unklarer zu lassen als in den Büchern. Und die eingespielten Ausschnitte der Bud Spencer und Terrence Hill Filme nehmen die Zuschauenden mit ins Wohnzimmer der Kult-WG. Besonders gelungen ist auch die Einordnung in die Region, so werden immer wieder Ausschnitte aus Lokalnachrichten eingespielt, in denen es um ein aus einem Brettener Tierpark entflohenen Känguru geht.
Lediglich die zwischen den Szenen live von einem Gitarristen eingespielten Nirvana Stücke wirken unmotiviert. Weniger wegen der Live-Musik, die ebenfalls eine schöne Ergänzung zum bisherigen Stoff bietet, als wegen der ständigen Wiederholung ein und desselben Songs. Dass der Gitarrist während des Stücks immer wieder sein Lächeln versucht zu verbergen, macht ihn zwar sympathisch, bricht aber etwas die Szene.
Nichtsdestotrotz ist es ein gelungener Abend im Zelt auf der Neckarwiese. Was leicht ein müder Abklatsch der genialen Bücher hätte werden können, ist eine gelungene Neuadaption mit inspirierenden Einfällen geworden. Bleibt zu hoffen, dass Känguru bald wieder seinen Weg aus dem Tierpark und auf nach Heidelberg findet. Fans der Bücher können sich aber schon auf die nächste Woche freuen, denn am 12. Oktober erscheinen „Die Känguru Apokryphen“.
Von Esther Lehnardt