Die Vortragsreihe „Feministin und Konservativ“ des RCDS bietet Positionen, die bei Aluhutträgern gut aufgehoben wären, eine Plattform. Ein Kommentar
Das Mimimi des verunsicherten, weißen, heterosexuellen Mannes bezieht sich traditionellerweise auf seine eigene Position. Die Angst vor einem Verlust seines gottgegebenen Platzes an der Spitze der Gesellschaft und als Oberhaupt der Familie manifestiert sich so in den Kommentarspalten der „links-grün versifften Presse“ oder versucht auf Twitter, unter #meninist Sympathien zu gewinnen.
Doch es gibt neue Entwicklungen und Positionen unter den sich plötzlich unterprivilegiert Fühlenden. Nun gilt es auch Frauen zu verteidigen, gegen die bösen Ausländer, gegen moderne Familienkonzepte, gegen nicht-binäre Geschlechtsidentitäten. Eine Plattform für diese Ansichten bietet nun eine Vortragsreihe des Rings Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS). „Feministin und Konservativ“ lautet das Motto. Dabei können sich die Referierenden über klassisch konservative Themen wie Gender, Selbstbestimmungsrechte von Frauen, Ehe für Alle oder auch Frauenrechte im Islam profilieren. Daraus lässt sich viel populistisches Potential schlagen – die Vortragenden haben es verstanden, ihre menschenverachtenden Ansichten in ein scheinbar bürgerliches und pseudo-wissenschaftliches Gewand zu kleiden. Einer der prominenteren Redner ist Ulrich Kutschera. Ihm sollte dabei Ende Oktober Möglichkeit gegeben werden, Einsichten aus seinem Buch „Das Gender Paradoxon“ zu teilen. Der Evolutionsbiologe mit Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie an der Universität in Kassel forschte in der Vergangenheit an Ringelwürmern und Schlammspringern, bevor er sich der menschlichen Sexualität und Genderforschung zuwandte. Als überzeugter Gegner des Kreationismus und Atheist wählte er, logischerweise, das katholische Onlinemagazin kath.net als bevorzugtes Sprachrohr, um seine Positionen, beispielsweise gegen die Ehe für Alle, kundzutun. Dabei setzte Kutschera die Legalisierung derselben mit „staatlich geförderter Pädophilie“ gleich und bezeichnete die Kinder von lesbischen Müttern als „bemitleidenswertes Befruchtungs-Produkt“. Alles auf rein wissenschaftlicher Basis, versteht sich.
An diesem Paradoxon, welches nur eines von vielen ist, offenbart sich die ganze Farce der Veranstaltung, welche sich als „feministisch“ betitelt. Hasserfüllte, verquere Weltbilder innerhalb einer Minderheit kann man als Randerscheinung von gesellschaftlichen Umbrüchen betrachten und nicht weiter thematisieren als nötig. Der RCDS entschied sich mit dieser Veranstaltungsreihe, sie in einen akademischen Kontext zu rücken und ihnen einen legitimierenden Titel zu geben.
Kutschera sagte schließlich aus terminlichen Gründen seine Teilnahme ab. Proteste gegen sein Auftreten von Seiten queerer Verbände, der Arbeitsgemeinschaft Heidelberger Frauenverbände und -gruppen sowie der Jungen Liberalen spielten sicher nur sehr marginal in diese Entscheidung. Beim nächsten Termin von „Feministin und Konservativ“ am 19. November wird Birgit Kelle sprechen, die durch Publikationen mit klingenden Titeln wie „Gender Gaga“ oder „Dann mach doch die Bluse zu“ viel auf sich hoffen lässt.
Von Nele Bianga