Contra: Sind Seitensprünge in einer Fernbeziehung vertretbar?
So schnell wie das Studium die Wege verschiedenster Personen zusammenführt, so schnell trennt es sie auch wieder. Ehe sich der gemeine Student versieht, findet er sich in einer anderen Stadt oder sogar, Erasmus sei Dank, in einem anderen Land wieder. Oftmals allerdings nicht ohne einige persönliche Verwicklungen zu hinterlassen – Beziehungen zum Beispiel. Nun ist das Konzept der Fernbeziehung allerdings häufig Schöpfer eines gewissen Verdrusses und unversehens schlüpft der ehemals treue Partner in die Rolle des frivolen Fremdgehers. Frei nach Oscar Wilde: „Ich kann allem widerstehen, nur der Versuchung nicht“
Sicherlich könnte man nun auf den mildernden Umstand der räumlichen Distanz und das unverbesserliche Naturell des Menschen verweisen, ist damit aber schon längst der Krankheit unserer Zeit, diesem ordinären Opportunismus, erlegen. Dabei sind die Liebesdinge doch eigentlich seit jeher Hoheitsgebiet eines grenzenlosen Idealismus.
Ein Idealismus, der tausendfach zu Papier gebracht wurde und den unsere Zeit dennoch schmerzlich vermissen lässt. Hört Humbert Humbert etwa auf, Lolita zu lieben, als diese sich ihm für Jahre entzieht? Flüchtet Penelope in die Arme eines anderen Freiers, als ihr Odysseus nach zehn Jahren Krieg in Troja nochmal einmal so lange durch die Ägäis schippert? Nicht die Entfernung, sondern der Verlust dieser bedingungslosen Zuneigung offenbart sich als das wirkliche Problem. Jener Verlust bereitet der Diskussion über das Für und Wider eines potentiellen Seitensprungs erst den Boden.
Die Wahl, die sich eröffnet, ist somit eindeutig: Entweder man besinnt sich auf den eigentlichen Charakter der Liebe oder man gibt die Veredelung, die der Mensch nur in ihr finden kann, Bequemlichkeit und Ennui preis. Trifft man an dieser Stelle die richtige Entscheidung, stellt sich die Frage nach dem Fremdgehen schlicht nicht.
Von Matthias Luxenburger