Siegfried Mauser wurde wegen mehrerer Sexualstraftaten verurteilt. Dies verhinderte seinen geplanten Vortrag in Heidelberg
Ein Vortrag des Musikwissenschaftlers Siegfried Mauser musste letztendlich abgesagt werden. Ursprünglich sollte dieser im Zuge der kulturtheoretischen Vortragsreihe „Schöpfung und Urknall“ am 5. Dezember in der Alten Aula der Universität stattfinden.
Gegen Mauser, der bis 2014 Rektor der Hochschule für Musik und Theater München war, wurde seit 2016 in mehreren Strafverfahren Anklage erhoben. So wurde er zunächst wegen sexueller Nötigung einer Kollegin zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 000 Euro sowie zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Letztere wurde in einem Berufungsverfahren auf neun Monate auf Bewährung reduziert. Die erneuten Anträge auf Revision vonseiten sowohl Mausers als auch der Staatsanwaltschaft wurden vom Oberlandesgericht München abgewiesen.
Im Mai 2018 wurde der Musikwissenschaftler in einem zweiten Prozess aufgrund dreier weiterer Fälle sexueller Nötigung zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, von dem Vorwurf der Vergewaltigung allerdings freigesprochen. Wegen der Möglichkeit einer Revision wurde dieses Urteil nicht sofort rechtskräftig.
Nichtsdestotrotz lud Dieter Borchmeyer, emeritierter Professor der Germanistik, den Verurteilten für seine regelmäßig stattfindende Vorlesungsreihe zur Kulturtheorie ein. Mauser sollte am 5. Dezember ein Gesprächskonzert mit dem Titel „Klangliche Ursprungsmythen vom Mittelalter bis zur Moderne“ geben. Eine Entscheidung, die bei großen Teilen der Studentenschaft auf Protest und Unverständnis stieß.
Bereits zum Auftakt der Reihe musste Borchmeyer daher einräumen, dass der Vortrag nicht wie geplant in der Alten Aula der Universität würde stattfinden können. Grund hierfür sei allerdings nicht, dass die Universität Mauser das Auftreten in ihren Räumlichkeiten untersagt habe, wie in der Presse immer wieder behauptet wurde, sondern im Gegenteil eine einvernehmliche Absprache zwischen Universität, Veranstalter und Vortragendem. Damit habe man eine Eskalation der Proteste vermeiden wollen. „Die Universität enthält sich ausdrücklich einer Bewertung des ganzen Falls“, insistiert Borchmeyer. Um den Vortrag dennoch stattfinden zu lassen, versuchte er eine andere Lokalität zu finden.
Viele studentische Vertreter begrüßten jedenfalls die Absage des Vortrags. „Es kann nicht sein, dass eine Uni, die dem Leitspruch ‚semper apertus‘ folgt, einem Sexualstraftäter öffentlich eine Bühne bietet“, so Theresa Baur von der Fachschaft Germanistik. In Zusammenarbeit mit dem Studierendenrat (StuRa) positionierte die Fachschaft sich geschlossen gegen eine mögliche Verlagerung des Vortrags. Bewogen dazu habe sie nicht zuletzt Mausers Umgang mit seiner Verurteilung. „Er hat sich weder entschuldigt noch seine Strafe verbüßt. Das ist das Problem“, betont Michèle Fein vom „IT’s FuN“-Referat des StuRas.
Borchmeyer sieht in der Verurteilung Mausers hingegen keinen Grund, diesem das öffentliche Auftreten zu verwehren, und weist sämtliche Versuche dazu scharf zurück: „Eine Nachverurteilung durch gesellschaftliche und berufliche Ausgrenzung des Verurteilten verstößt gegen den Geist des Rechtsstaats und seine humanitären Grundlagen.“ Damit dieser sich seiner Strafe gemäß bewähren könne, müsse ihm auch die Möglichkeit dazu geboten werden. Eine Position, die nach eigener Aussage die überwältigende Mehrheit des vornehmlich außeruniversitären Publikums der Vorlesungsreihe teile.
Sein Vorhaben, den Vortrag andernorts stattfinden zu lassen, wurde dennoch durch eine kurzfristige Absage der Stadthalle sowie des Taeter-Theaters verhindert. Ersatzweise referierte Borchmeyer selbst in der neuen Uni. Ob und in welcher Form Mausers Auftreten nachgeholt wird, ist nicht abzusehen.
Von Matthias Luxenburger