Welches Popcorn ist die perfekte Kinobegleitung?
Salzig
Süßes Popcorn ist weltweit die Anomalie, eine Geschmacksverirrung, wie es sie nur in Deutschland geben kann – siehe dazu auch Socken in Sandalen. Im Rest der Welt genießt man seinen gepufften Mais mit dem Gewürz, das in keiner Küche fehlen darf. Seit der Antike bestimmt das weiße Gold unser Leben: Die Kelten tauschten es gegen römischen Wein, im Mittelalter machten die Gewinnung und der Handel des Gewürzes kleine Städte zu reichen Metropolen und Handelszentren, und in der Neuzeit bezahlte Napoleon seine Kriege mit einer Steuer auf Natriumchlorid. Diese lange Geschichte des Salzes erreichte ihren bisherigen Höhepunkt, als man im Amerika des frühen 19. Jahrhunderts begann, Salz über in Butter gepufften Mais zu streuen. Das Popcorn ward geboren und begann seinen salzigen Siegeszug von den rauchigen Lagerfeuern des mittleren Westens durch die Kinos der Welt.
Und obwohl der American Way of Life längst seine Anziehung und Strahlkraft verloren hat, fühlt man sich beim Griff in eine rot-weiß gestreifte Popcorntüte und der folgenden Geschmacksexplosion des Salzes auf der Zunge so, wie sich James Dean im Bett mit Marilyn Monroe gefühlt haben muss.
Im salzigen Popcorn lebt der American Dream weiter, und wenn einem die Hülle des aufgepoppten Maiskorns wie ein Halm Stroh zwischen den Zähnen steckt und man sich über die salzigen Lippen leckt, fühlt man sich wie John Wayne im Western „El Dorado“. Salziges Popcorn ist der Inbegriff des Hollywood Glamour. Mit nur einer Prise Salz, ein bisschen Mais und einer Mikrowelle kann jeder von uns zum Gourmet und Sternekoch werden. Mit dem salzigen Popcorn in der linken Hand können wir mit der rechten nach den Sternen greifen. Leben und Freiheit garantiert uns die Verfassung der Bundesrepublik, doch das Streben nach Glück kann uns nur das weiße Gold erfüllen.
von Hannah Steckelberg