Die Landesregierung schafft zwei neue Juniorprofessuren im Bereich Künstliche Intelligenz an der Uni Heidelberg. Ihre Digitalisierungsstrategie ist umstritten
In Baden-Württemberg soll ein neues Silicon Valley entstehen. Darauf deutet der Name „Cyber Valley“ nicht zufällig hin, der für den neuen Innovationscampus der Universitäten Tübingen und Stuttgart sowie dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme gewählt wurde. Die Landesregierung hat damit eine der größten Forschungskooperationen Europas im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) ins Leben gerufen. Das Ganze ist Teil der Digitalisierungsstrategie in Baden-Württemberg, in deren Rahmen in dieser Legislatur rund eine Milliarde Euro investiert werden sollen.
Auch an der Universität Heidelberg geht diese Entwicklung nicht spurlos vorbei. Zu Beginn des Jahres wurde bekanntgegeben, dass an der Ruperto Carola zwei neue Juniorprofessuren im Bereich KI geschaffen werden sollen. Zusammen mit acht Juniorprofessuren, die an anderen baden-württembergischen Universitäten entstehen, sind diese als Ergänzung zum Innovationscampus „Cyber Valley“ gedacht. Sie werden vom Land mit insgesamt sechs Millionen Euro finanziert. Die beiden Professuren sollen 2019 besetzt werden und sind auf bis zu sechs Jahre angelegt. Sie werden sich den beiden Themenschwerpunkten „Künstliche Intelligenz in der kardiovaskulären Medizin“ und „Maschinelles Lernen im Wissenschaftlichen Rechnen“ widmen.
Dass der Ausbau der KI-Forschung an baden-württembergischen Universitäten nicht ohne Konflikte abläuft, zeigt sich indes in Tübingen. Dort besetzten Aktivisten im Dezember einen Hörsaal, um gegen das neue „Cyber Valley“ zu demonstrieren. Die Besetzer störten sich daran, dass an der Forschungskooperation auch Industrieunternehmen beteiligt sind. Im Zentrum der Kritik stehen dabei vor allem die Zusammenarbeit mit Automobilkonzernen und dem Versandhändler Amazon. Das Wissenschaftsministerium weist diese Vorwürfe jedoch zurück, da es um Grundlagenforschung und nicht um Auftragsforschung gehe. Vertreter des Heidelberger Studierendenrats (StuRa) solidarisierten sich im Dezember auf der LandesAstenKonferenz, an der Studierendenvertretungen aus ganz Baden-Württemberg zusammenkommen, mit den Hörsaalbesetzern in Tübingen. Die Solidarisierung sorgte im StuRa jedoch für Diskussionen, da eine Industriekooperation nicht von allen Studierendenvertretern per se als schädlich angesehen wurde. Ähnliche Proteste und Besetzungsaktionen sind in Heidelberg eher nicht zu erwarten. Wie es vonseiten der Universität heißt, besteht hier im Bereich KI aktuell keine Förderung durch die Industrie.
Wie genau auch die Studierenden von den neuen Juniorprofessuren profitieren werden, ist noch nicht klar, da die konkrete Ausgestaltung des jeweiligen Lehr- und Forschungsprogramms an die Stelleninhabenden gebunden sein wird. Diese werden ihre neuen Posten voraussichtlich zum Start des Wintersemesters 2019/2020 einnehmen.
Die Gegend um Tübingen und Stuttgart ist kein Tal, wie das Silicon Valley in Kalifornien, sondern eher eine Hügellandschaft. Doch solche Details sind bei Digitalisierungsstrategien wahrscheinlich eher zweitrangig. Ob der Plan aufgehen wird, Europa im Bereich Künstliche Intelligenz voranzubringen und mit China und den USA aufzuschließen, wird sich zeigen. Welche Rolle die Universität Heidelberg dabei spielen wird, ebenfalls.
Von Cornelius Goop