Das Klischee kehrt zurück. Lisa (19) erzählt jedem von Down Under. Warum das mehr als nur nervig ist
Natürlich war der Strand einfach nur perfekt und die Leute erst! Endlich konnte sie richtig den Alltag loslassen. Mit diesem deutschen Verkrampftsein kommt sie seither auch gar nicht mehr klar! Sie ist viel reifer geworden und weiß jetzt, was im Leben wirklich wichtig ist. Und überhaupt ist das ja die Experience schlechthin. Ups, da ist ihr das englische Wort einfach rausgerutscht, hihi, das passiert einfach noch manchmal. Wirklich krass, was so drei Monate Australien mit einem machen.
Jeder kennt sie: Lisa, 19, frisch aus Australien zurück. Ihre einzigartigen Erlebnisse, die sie auf der anderen Seite der Welt erlebt hat, erwähnt sie nicht nur bei absolut jeder Gelegenheit, auch ihr Social Media ist voll davon: Ihre Instagram-Follower waren dabei, als sie an unberührten Stränden spazieren ging, sie den supercuten Babyschildkröten half, ins Wasser zu kommen und auch als sie zu Hause #justlikeinaustralia ein Avocado-Toast zubereitete. Mittlerweile steht neben der Stecknadel in ihrer Instabio wieder „Frankfurt“, aber nur getrennt von zwei senkrechten Strichen folgt „Sydney“, ihr #secondhome und #favplace. Wenn sie nicht einen Sonnenuntergang mit einem tiefgründigen Zitat fürs Leben zum allgegenwärtigen #throwbackthursday postet, zählt sie die Tage, bis Sie ihren Rucksack wieder aufziehen kann, um dieses Mal nach Bali zu fliegen.
Aber eigentlich ist die arme Lisa doch gar nicht so schlimm. Was ist denn falsch daran, begeistert von einem Urlaub zurückzukommen? Außerdem behaupte ich, dass jeder ein Lügner ist, der nach einer Reise, wie man sie nun mal nicht alle paar Monate machen kann, überwältigt von den Erfahrungen ist.
Manchmal merke ich auch, wie mir manche Geschichten auf der Zunge brennen. Ich weiß zwar, dass meine Freunde sehr wahrscheinlich nur genervt die Augen verdrehen werden, kann dann trotzdem nicht anders, als zu erzählen, wie meine Katze gestern Nacht um drei auf mein Bett gesprungen ist (was sie wirklich nie macht!!). Auch, wenn ich meinen Mitbewohnern zum hundertsten Mal berichte, wie glücklich ich über das Wachstum meiner selbstgezüchteten Prachttomaten bin, geht es mir nur darum, meine Begeisterung mit Anderen zu teilen. Nun stelle man sich mal vor, meine Katze springe nicht nur auf mein Bett, sondern würde da auch die Nacht über bleiben, und am selben Tag würde mir das perfekte Oregano-Knoblauch-Verhältnis in meinen Nudeln gelingen. Wenn ich dann noch meine Lieblingsband treffen würde, wäre das wahrscheinlich so, wie ein Känguru huckepack den Uluru hochzutragen. Wer käme da denn aus dem Schwärmen wieder raus?
Von daher kann ich, meines eigenen Nervpotentials bewusst, nur belustigt schmunzeln, wenn ich Lisa über den Weg laufe. Vielleicht aber treffe auch ich eines Tages die Lisa, die mich auf die Palme bringt.
von Mona Rouhandeh