Putzmittel selber machen – auf dem Weg zum Öko-Dasein?
Natron, Soda, Essig, Zitronensäure und Kernseife: Diese fünf Hausmittelchen sollen eine ganze Drogerie ersetzen. So verspricht es zumindest einer der vielen Öko-Ratgeber, die sich in den letzten Jahren immer größerer Popularität erfreuen. Das soll nicht nur gut fürs Portemonnaie sein, sondern auch für die Umwelt. Und ich als birkenstocktragender Millennial muss das natürlich ausprobieren, für den Planeten, für die künftigen Generationen, aber auch für das gute Gefühl, das es mir gibt. Dieses gute Gefühl, etwas für das Gemeinwohl getan zu haben, das ich ebenso bekomme, wenn ich meinen geeisten Soja-Kaffee aus wiederverwendbaren Edelstahlstrohhalmen schlürfe oder zum „Fridays for future“-Protest gehe – obwohl ich freitags ohnehin frei habe.
Also fange ich an Einmachgläser zu horten, Zitronen auszupressen und Kernseife zu raspeln, wobei ich den seifigen Beigeschmack des Parmesans beim nächsten Pastagericht gerne in Kauf nehme. Und wie ich bald feststellen soll, kann man so ziemlich alles selbst herstellen: Allzweckreiniger, Waschmittel, Spülmittel, Glasreiniger, sogar Deo und Zahnpasta. Ich sehe mich schon autark in einer abgeschiedenen Waldhütte leben und jeden Morgen beim Sonnenaufgang Yoga machen.
Die Ernüchterung kommt allerdings jäh nach dem ersten Praxistest meiner neuen selbstproduzierten Putz- und Hygieneartikel: Das Spülmittel hinterlässt einen Fettfilm, auch nach mehrmaligem Abspülen, die Zahnpasta einen seltsamen Belag auf den Zähnen sowie Mundgeruch und das Deo stößt bei Temperaturen von 30 Grad Celsius an seine Grenzen, genau wie ich.
Ich sehne mich zurück nach etwas weniger ökologischem, bequemerem, in Plastik verpacktem. Nach den Produkten, die man für nur wenige Euros in der Drogerie erwerben kann. Und wenn ich mich einfach nicht frage, woher eigentlich das Palmöl in meiner Gesichtscreme kommt, fühle ich mich durch die Verpackung, die zu 30 Prozent aus recycelten Materialien aus dem Ozean besteht, schon fast nachhaltig genug. Und das mit wesentlich weniger Aufwand. Dass die Creme von einem der 90 Unternehmen hergestellt wurde, die laut einer Studie aus dem Jahr 2013 für fast zwei Drittel der Treibhausgasemissionen seit 1751 verantwortlich sind, lasse ich dabei auch gerne unter den Tisch fallen. Dieselben Unternehmen, die gerne symbolisch Papier- statt Plastikverpackungen verwenden oder heilbringend auf Instagram verkünden, dass es ab sofort jeden zweiten Mittwoch eine vegane Option in der firmeneigenen Kantine geben wird. Unternehmen, die gerne in hochemotionalen Herzschmerz-Werbespots, die kaum noch als solche zu erkennen sind, darauf hinweisen, dass jeder einzelne von uns einen Unterschied machen kann. Die Tatsache, dass diese Unternehmen, wenn sie statt „greenwashing“ zu betreiben ernsthaft ihre Produktionsabläufe ändern würden, den allergrößten Unterschied machen könnten, wird auch gerne ignoriert, aber nicht nur von mir.
Eine Kolumne von Stefanie Weber