Rollerkoller: Sind E-Roller eine sinnvolle Neuerung im Straßenverkehr?
[box type=“shadow“ ]Pro
Deutsche Städte stehen unter dem Druck, die Atmosphäre ihrer Innenstädte zu verbessern. Wie soll also die künftige Fortbewegung in den verstopften Ballungsgebieten aussehen? Das Verkehrsministerium stellt Elektro-Tretroller als neue Mobilitätslösung vor. In den Köpfen vieler Bürger scheint die öffentlich sehr aufgeblasene Debatte den modifizierten Cityroller aber in ein kleines mobiles Ungeheuer verwandelt zu haben, das „Transformers“-Style als gefährliches Spielzeug für Erwachsene auf unsere Straßen losgelassen wird.
Aber ist nicht alles, was einen feinstaub- und stickoxidemittierenden Benziner oder Diesel in der Stadt ersetzt, ein lobenswerter Fortschritt für unsere nachhaltige urbane Mobilität? In anderen Städten der Welt wie Los Angeles, Wien und Paris sind die Scooter längst Teil des Stadtbildes. Sie sind so erfolgreich, weil sie sich nicht an der Zerstörung unseres Planeten beteiligen, abgasfrei und einfach eine weniger sperrige und weniger spießige Alternative zum Pedelec sind. Der coolere jüngere Bruder sozusagen. Ohne nerviges, hochdrehendes Motorengeräusch, summend und umweltfreundlich kommen wir Studis ohne Schwitzen bequem auch über längere Entfernungen zur Vorlesung. Ich sitze in der Bahn und frage in die Runde, was meine Mitreisenden von der Debatte halten. „Das eigentliche Problem ist doch der Zustand der städtischen Fahrradwege“, meint ein älterer Herr. „Alles, was Menschen davon abhält, für zehn Kilometer ins Auto zu steigen, muss man unterstützen.“
Natürlich wird es bei der Neueinführung von innovativen Technologien immer auch Schwierigkeiten geben. Doch die Probleme, die das Auto verursacht, sind einfach zu groß, um die Augen vor potenziellen Alternativen zu verschließen. Neue Lösungsansätze müssen ausprobiert werden. Ich sage: Gebt den Scootern eine Chance. Die haben sie verdient. [/box]
Von Christina Kapp
[box type=“shadow“ ] Contra
Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des E-Scooters. Verkleidet als Klimaretter wurde er zum 1. Juni durch den Bundestag gewunken. Nun dürfen die Dinger auch auf deutschen Straßen fahren. Sie sind genauso nützlich wie Flugtaxis, genauso sicher wie Motorräder und genauso nachhaltig wie der Verbrennungsmotor. Und doch scheinbar, und zu meiner großen Verwunderung, auf den Straßen erwünscht.
Sehnsüchtig wartete DJ Andi Scheuer darauf, den Verkehr noch weiter zu verkomplizieren. Und anstatt dem Fahrrad mehr Rechte im Verhältnis zum Auto einzuräumen, bringt er einen neuen Konkurrenten ins Spiel. Ich kann es kaum abwarten, in Zukunft auf der Plöck nicht nur Fußgängerinnen und Fußgängern, die sich aus der Hauptstraße verirrt haben, auszuweichen, sondern auch diesen supercoolen elektrischen City-Rollern, nach denen niemand gefragt hat.
Auch diejenigen, die es wagen, diese Straße zu Fuß zu betreten, werden wohl nicht schlecht staunen, wenn ein vollkommen geräuschloser Roller an ihnen vorbeirast, und beim nächsten gepflasterten Weg steckenbleibt. Dabei werde ich erhobenen Hauptes mit meinem alles bezwingenden Fahrrad an ihnen vorbeifahren, und auf sie niederblicken, diesen Abschaum von Mobilität.
Überhaupt ist es verwunderlich, dass Fahrradfahren heute wohl nicht mehr genug ist. Sind wir so faul geworden, dass wir für alles einen Motor brauchen? Demnächst auch: Kinderwagen, Einkaufswagen, Bobbycars und Skatebords elektrisch angetrieben und zum Verkaufsschlager gemacht durch ein „E-“ vorne dran.
Achne, letzteres gibt es ja auch schon. Und eine Sache noch: Wer traut sich bitte, nach der schmerzlichen Erfahrung des City-Rollers-gegen-die-Knöchel-Bekommens, jemals auf so ein Teil?
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Von Xenia Miller
Xenia Miller studiert Politikwissenschaften und Soziologie und schreibt seit Sommersemester 2018 für den ruprecht. Sie schreibt von verkalktem Trinkwasser über Kabarettist*innen und Autor*innen bis hin zu Drachenbootfahren über alles, was sie so interessiert. Herzensthema bleibt natürlich die Politik. Im Wintersemester 19/20 leitete sie das Ressort Weltweit, seit Sommersemester 2020 das Ressort Heidelberg als Doppelspitze.