Direktor der Frauenklinik verhindert Veröffentlichung des Komissionsberichts gerichtlich. Der angebliche Bluttest ist nun noch fraglicher als zuvor
Im laufenden Skandal um den angeblichen Bluttest zur Früherkennung von Brustkrebs an der Universitätsklinik gibt es den nächsten Paukenschlag. Für heute war die Vorstellung des Abschlussberichts der unabhängigen Untersuchungskommission vorgesehen, die den Fall in den vergangenen Monaten aufklären sollte. Eine Pressekonferenz am Dienstagvormittag wurde jedoch kurzfristig abgesagt – auf Betreiben eines der Hauptverdächtigen in der Affäre, dem Direktor der Frauenklinik Christof Sohn.
Wenige Minuten vor dem anberaumten Beginn gab das Verwaltungsgericht Karlsruhe einem Antrag Sohns auf einstweilige Anordnung statt. Die Entscheidung verbietet die Veröffentlichung des Berichts in dem Ausmaß, in dem das Dokument Sohn und das laufende Disziplinarverfahren gegen ihn betrifft. Die Untersuchungskommission um die ehemalige Bundesverfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt zog sich daraufhin zur Beratung zurück. Der Aufsichtsrat der Uniklinik hatte bereits im Vorfeld angekündigt, die Konferenz abzusagen, falls der Antrag gebilligt würde. Eine „aussagekräftige Vorstellung des Berichts“ sei so nicht möglich. Weitere Informationen waren vonseiten der Uniklinik nicht verfügbar.
Die Rhein-Neckar-Zeitung hat allerdings bedeutende Inhalte des Berichts öffentlich gemacht. So habe Sohn die Erfinderin des Bluttests, Rongxi Yang, aus dem Projekt gedrängt. Auch die parallele Senatskommission, die Universitätsrektor Bernhard Eitel ebenfalls zur Aufklärung des Skandals eingesetzt hatte, mache in erster Linie Sohn verantwortlich. Zudem sei der Vorstand der Uniklinik durchgehend über die Geschehnisse informiert gewesen. Der Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission würde die übrigen Vorstandsmitglieder jedoch in unterschiedlichem Maße entlasten, anders als Sohn. Schon im Mai wurde bekannt, dass der Vorstand zumindest über die begleitende PR-Kampagne bescheid wusste.
Christof Sohn steht seit Beginn der Affäre im Zentrum der Kritik. Ging es anfangs noch um die ungewöhnliche Bekanntmachung des angeblichen Bluttests in einem Bild-Interview, stand schon bald der Verdacht des Insiderhandels im Raum. Über das Start-Up HeiScreen, eine Ausgründung der Uniklinik, sollte der Test an der chinesischen Börse vermarktet werden. Sohn selbst ist an HeiScreen beteiligt, ebenso wie die Oberärztin Sarah Schott. Diese war Rongxi Yangs Vorsitzende, bis Yang 2017 aus der Frauenklinik ausschied.
Zumindest Schott steht mit dem Bericht der unabhängigen Untersuchungskommission jedoch unter einem besseren Licht als bisher. Laut Rhein-Neckar-Zeitung hat sie versucht, die vorzeitige Veröffentlichung der Forschungen um den Bluttest zu verhindern – mit Blick auf die mageren Belege. Wie jetzt bekannt wurde, habe schon Yang, auf deren Forschung das Projekt zurückgeht, schwere wissenschaftliche Fehler gemacht. Die ohnehin fragwürdige Grundlage der aufsehenerregenden Ankündigungen eines Bluttests zur Früherkennung von Brustkrebs sind somit unsicherer denn je.
All das wird umso stärkere Rückwirkungen auf die Verantwortlichen nach sich ziehen. Der Verdacht persönlicherer Bereicherung mit Forschung aus dem eigenen Hause hat den Ruf der renommierten Uniklinik bereits schwer in Mitleidenschaft gezogen. Rektor Eitel nimmt seither Anträge auf Fördergelder von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) persönlich in Augenschein.
Von Lukas Jung