Auch in Bolivien sind die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren.Cochabamba, die viertgrößte Stadt des Landes, ist besonders von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Wasser ist in der Region ein knappes Gut, immer wieder fallen die langersehnten Regenfälle aus. Auch um die Luft steht es schlecht. Die Stadt ist von Andengipfeln umgeben, die verhindern, dass der Smog vom Wind davongetragen wird. Die Cochabambinos sind sich also den weitreichenden Folgen von Wind und Wetter bewusst. Ist Umweltschutz deshalb ein Thema? Hat die Fridays-for-Future-Bewegung hier nicht die besten Voraussetzungen?
Zum angekündigten Protestmarsch finden sich einige wenige ein, am Ende sind es gut 30 Personen. Zehn deutsche Freiwillige, etwa fünfzehn ältere Menschen und der kleine Rest sind Schülerinnen und Schüler. Eine Großdemonstration sieht anders aus.
Doch die Teilnehmer machen das Beste daraus: Schnell wird beschlossen, den Protestmarsch abzublasen, es sind einfach zu wenige. Stattdessen geht die Runde in den Austausch: Wer weiß was über den Klimawandel? Welche Themen betreffen die Stadt, welche das ganze Land? Und vor allem: Was kann getan werden, um das Problem prominenter zu machen? Viele Menschen haben andere, kurzfristigere Sorgen, wer beschäftigt sich da schon mit dem Klimawandel? Diese allgemeine Sorglosigkeit mag deprimierend wirken, aber die Teilnehmer legen einen beeindruckenden Tatendrang an den Tag und machen Hoffnung, dass ein gesellschaftlicher Wandel in den Köpfen angestoßen wird. Eine feministisch-ökologische Frauengruppe schlägt Vorträge in Schulen vor, andere wollen direkt in der Regionalverwaltung fragen, was für den Klimaschutz getan wird. Ein Anwalt macht auf die sehr fortschrittliche Umweltgesetzgebung des Landes aufmerksam – die Regierung müsse sie nur umsetzen, um Bolivien für den Klimawandel zu rüsten.
Aus dem Protestmarsch wird durch die vielen erfrischenden Ideen und interessante Gespräche eine Begegnung mit denen, die handeln wollen. Zugegeben: Die Initiative befindet sich noch in den Kinderschuhen, aber das Vernetzen untereinander schweißt die kleine Gruppe zusammen. Nicht nur für weitere Aktionen, sondern auch als Startschuss für eine größere Bewegung.
Als vier Monate später in Bolivien der Regenwald brennt, sind eineinhalb Millionen Menschen auf den Straßen der größten Stadt des Landes und setzen sich für die Natur Boliviens ein. Das zerstörerische Feuer raubt dem agrarwirtschaftlich geprägten Land die Lebensgrundlage. Die Bevölkerung erzürnt vor allem, dass der bolivianische Präsident kurz vor dem Ausbruch der Großbrände
per Dekret Brandrodung beförderte. Vielleicht musste erst eine konkrete Umweltbedrohung erlebbar werden,
damit sich die Bewegung formiert. Es wird sich zeigen, ob die Bewegung weiter wachsen kann.
von Thomas Degkwitz
Thomas Degkwitz will seit 2019 die Netzwerke der Stadt verstehen. Das hat er für zwei Jahre auch als Ressortleiter “Heidelberg” versucht. Ihm ist das Thema Studentenverbindungen zugelaufen, seitdem kümmert er sich darum. Außerdem brennt er für größere Projekte wie die Recherche zur Ungerechtigkeit im Jurastudium. Lieblingsstadtteil: die grünflächige Bahnstadt (*Spaß*)