Von wöchentlichen Freitagsdemos keine Spur, kaum Präsenz im Internet und immer weniger Demonstranten beim Global Climate Strike – das hätte man von den sonst so streikfreudigen Franzosen nicht erwartet. Auf den zweiten Blick zeigt sich aber, warum. In Frankreich ist alles ein wenig anders: Fridays for Future (FFF) trägt einen anderen Namen, und statt Streiks setzt die Jugend auf zivilen Ungehorsam.
Fast parallel zu FFF entstand Anfang des Jahres in Belgien die Gruppe Youth For Climate. Die Initiative verbreitete sich in Frankreich schneller als die Schwesterbewegung aus Schweden – international ist trotzdem FFF bekannter. „Deshalb haben wir einfach beide unter dem Namen ‚Youth for Climate‘ zusammengefasst und sind gleichzeitig Teil von Global Fridays for Future“, sagt Thibault Duhem.
Seit sechs Monaten ist auch der 16-jährige Mitglied und sieht zwischen der französischen und der weltweiten Version der Klimabewegung nur einen Unterschied: „Wir sind radikaler.“ Die klassische Freitagsdemo von FFF zieht meist nur zum Global Climate Strike durch französische Städte. Allein oder gemeinsam mit Extinction Rebellion – diese (französischen) Klimaaktivisten setzen auf zivilen Ungehorsam. Erst neulich, vom 7. bis zum 11. Oktober hatten sie einen zentralen Platz, den Place du Châtelet, für eine Woche besetzt und überall in der Stadt Blockaden errichtet.
Die Jugend in Frankreich ist also aktiv, wenn auch unter einem anderen Namen. Und trotzdem: Massen wie in anderen Ländern können die Gruppen nicht dauerhaft mobilisieren. Waren es beim World Strike Day im März noch 200 000, gingen im September laut Youth for Climate nur etwa 60 000 Demonstranten in Frankreich auf die Straße.
Das liegt auch am strengen französischen Schulsystem. Unentschuldigtes Fehlen bestrafen Schulen schnell mit Notizen in den Akten der Schüler, erklärt Thibault. Er selbst habe auch schon einige bekommen. Wie viele es sind, weiß er gar nicht mehr genau. Diese Notizen könnten ihm bei seiner Uni-Bewerbung zum Verhängnis werden. Das schreckt viele seiner Mitschüler ab.
Einige seiner Lehrer unterstützen ihn aber, sagt Thibault. „Obwohl ich fehle, melden sie das nicht.“ Als er beispielsweise eine Woche mit Extinction Rebellion campierte, fuhr er nur für genau zwei Stunden in die Schule. Außer seinem Sportlehrer „hat kein Lehrer mit einer Notiz gedroht“. Das macht Mut.
Was die Medien angeht, ist Thibault enttäuscht. „Die haben eigentlich nur viel berichtet, wenn wir große Aktionen wie den Global Climate Strike gemacht haben.“ Für die Zukunft sind noch viele weitere Aktionen geplant, versichert der junge Aktivist. Mehr darf er aber nicht sagen – wichtige Details wie Zeit und Ort sind noch geheim, „die Aktionen sind schließlich illegal“. Nur bezüglich des nächsten Global Climate Strikes ist vollkommen klar: „Der findet auf jeden Fall statt.“
von Katharina Kausche