Im Universitätsarchiv hat sich am 26. November ein studentischer Arbeitskreis gegründet, der sich der Geschichte von Homosexuellen und Transpersonen in Heidelberg widmen möchte. Ziel der Arbeitsgruppe „Queer Heidelberg“ sei es, „Wahrnehmung, Umgang, Kontinuitäten sowie Brüche bezüglich Homosexualität, Transidentitäten und `Queer-Sein´ in Heidelberg zu untersuchen“, meint Sarah Süß, die das Projekt in Kooperation mit der stellvertretenden Leiterin des Universitätsarchivs, Sabrina Zinke, ins Leben gerufen hat. Die Idee zur Gründung eines geschichts- beziehungsweise sozialwissenschaftlichen, studentischen Arbeitskreises kam Süß, die sich schon lange für LGBT-Geschichte begeistert, im Rahmen einer Übung am Historischen Seminar: „Wir waren hier im Archiv und haben uns einen Überblick über die Akten verschafft. Im Gespräch mit Frau Zinke wurde mir schnell klar, dass es in den Beständen des Universitätsarchivs noch einiges im Hinblick auf `Queer History´ zu untersuchen gibt. Im Austausch mit ihr ist dann die Idee zur Gründung eines Arbeitskreises entstanden.“
Dass es tatsächlich einiges zu erforschen gibt, macht am Abend des Gründungstreffen. Christian Könne, der sich seit Jahren mit der Geschichte von LGBT- Personen in Rheinland-Pfalz auseinandersetzt und dafür auch auf die Bestände des Universitätsarchivs zurückgreift, in einem kurzen Vortrag klar.Von Liselotte von der Pfalz und ihrem homosexuellen Gatten Philippe de Bourbon über Magnus Hirschfeld, einem Mitbegründer der frühen Homosexuellen-Bewegung, der genauso wie die Feministin, Sozialdemokratin und lesbische Aktivistin Gertrud Schloss in Heidelberg studierte bis hin zu Karl Lackner, einem entschiedenen Gegner der Abschaffung des Paragraphs 175, der von 1963 bis 1982 in Heidelberg die Professur für Strafrecht innehatte: Die Biographien zahlreicher für die LGBT- Geschichte relevanter Persönlichkeiten sind eng mit der Stadt und der Universität verbunden. Doch auch über ganz gewöhnliche Personen und ihre Schicksale geben die Akten des Universitätsarchivs möglicherweise Auskunft. Von besonderem Interesse sind hierbei die Bestände der Kliniken, allen voran der Psychiatrie, da diese Einblicke in den gesellschaftlichen Umgang mit Homosexualität und „Queer-Sein“ ermöglichen.
Über das am Abend der Gründung spürbar rege Interesse der Studierenden an den Beständen des Archivs freut sich besonders Sabrina Zinke: „Uns ist es wichtig, dass wir nicht als verstaubte Einrichtung wahrgenommen werden, sondern, dass wir auch mit unseren Archivalien zur Erforschung von Themen und Fragestellungen etwas beitragen, die gerade von Bedeutung sind. Deshalb heißt es für uns: Wir müssen raus, dorthin, wo diskutiert, gedacht und gemacht wird.“
Worauf sich der Arbeitskreis bei seiner Forschung fokussieren wird, ist jedoch noch unklar. „Vor allem Lesbengeschichte ist noch vergleichsweise unerforscht. Aber auch die Themen Trans- und Intersexualität standen lange Zeit nicht im Fokus. Möglicherweise gelingt es uns ja, in Bezug auf Heidelberg ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen“, so Süß. Sie freue sich in erster Linie darauf, dass es jetzt bald mit der Forschungsarbeit losgehe: „Wir haben hier in Zusammenarbeit mit dem Universitätsarchiv die Möglichkeit, zu arbeiten wie ausgebildete Historiker. Für uns Studierende ist das eine großartige Möglichkeit, die es zu nutzen gilt.“
Von Nicolas Weber