Andere Studierende engagieren sich in Hochschulgruppen – sie bauen ein Wohnheim. Sie verwirklichen damit ihre Utopie von einem nachhaltigen, selbstverwalteten Wohnen, statt sich mit dem überlaufenen Wohnungsmarkt in Heidelberg abzufinden. Wir sprachen mit Klara und Claus über die aktuellen Entwicklungen auf dem Gelände des ehemaligen US-Krankenhaus.
Wie habt Ihr euch damals in der Konstellation zusammengefunden?
Klara: Das Projekt ist im Winter 2012/13 aus einer Hausgemeinschaft entstanden. Nachdem klar war, dass die Amerikaner von den Flächen abziehen und große Flächen frei werden, kam die Idee auf, ein selbstverwaltetes Wohnheim neu aufzubauen und von den Grundideen her daran anzuschließen, was es bis 1978 schonmal in Heidelberg gab.
Welche Hürden hattet ihr auf eurem Weg und wie habt ihr sie überwunden?
Klara: Dass die Projektgruppe am Anfang noch nicht ganz ernst genommen wurde. Das hat jetzt eine Weile gedauert und geschah mit sehr viel Nachdruck und Dranbleiben, um dem Gemeinderat und der Stadt klarzumachen: Das ist eine ernstzunehmende Idee und es sind Leute dahinter, die das wirklich umsetzen wollen. Die Flächenfindung und die Finanzierung des Projekts waren auch Themen, die uns lange beschäftigt haben.
Wo war der Punkt, an dem ihr gemerkt habt: „Okay, jetzt wird es ernst“?
Klara: Die Baugenehmigung gab es schon 2017, Direktkredite wurden sogar noch früher schon gesammelt, das heißt ab 2016 war es wirklich klar: Wir kommen auf diese Fläche, wir fangen jetzt an, die Pläne wirklich auszuarbeiten. Aber so richtig realisieren kann man die jahrelange Arbeit wohl erst so richtig, wenn es losgeht, und da tragen die Bagger, die man gerade auf der Fläche bewundern kann, ihren Teil dazu bei.
Was unterscheidet euer Wohnheim von anderen Wohnheimen?
Claus: Es ist selbstverwaltet, also werden die Leute, die dort wohnen, wirklich über alles selbst entscheiden.
Klara: Das Wohnheim soll bezahlbaren Wohnraum sowie Freiräume bieten. Wir planen eine große Aula, ein Orientierungsjahr im Altbau, in dem das Bildungsangebot von den Bewohner*innen selbst gestaltet wird, einen Dachgarten und ein selbstverwaltetes Café. Wir wollen eine sehr diverse Mitbewohner*innenschaft fördern und werden ein Wohnheim für Studierende, Auszubildende und Promovierende sein.
Wie wird das Gebäude konstruiert?
Klara: Wir machen einen vierstöckigen Neubau an die Stelle, wo bisher das ehemalige Krankenhaus stand. Dafür wird im Anschluss an den aktuellen Abriss der Baugrund erstmal vorbereitet und ein Fundament gegossen. Der Holzbau darüber wird dann in einer Holzskelettbauweise mit vorgefertigten Wandelementen erstellt, in der Primärkonstruktion werden keine metallischen Verbindungsmittel genutzt, wodurch der ganze Bau wunderbar recyclierbar sein wird.
Seid ihr technische Expertinnen und Experten im Bauvorhaben?
Claus: So weit wir Autodidakt*innen Expert*innen sein können – wir haben über die Jahre viele Erfahrungen gesammelt. Keine Person aus unserer Gruppe ist aus der Baubranche. Dafür haben wir Architekt*innen und Fachplaner*innen beauftragt. Partizipative Architektur, so nennt sich dieser Prozess, in dem die spätere Nutzer*innengruppe in die Planungen intensiv mit einbezogen wird.
Klara: Wir haben in unserem Finanzierungskonzept auch einen Teil, den wir als Eigenleistung erbringen. Das machen wir einerseits, um Kosten zu sparen, andererseits, weil wir uns als ein Bildungsprojekt verstehen. Dazu gehört neben dem theoretischen Lernen auch das praktische Lernen, und durch die Eigenleistungen stellen wir einen unmittelbaren Bezug zu den Möbeln und dem Gebäude her.
Habt Ihr schon Vorstellungen, wie viel die Zimmer kosten sollen und wer einziehen darf?
Claus: Am Anfang sollen die Zimmer ungefähr 300 Euro kosten. Von den Mieten werden erstmal der Bankkredit und danach die Direktkredite abbezahlt. Danach können die Mieten auch wieder runter gehen. Beim Auswählen der Bewohner*innen werden die, die sich in der Planung oder Organisation einbringen wollen, auf jeden Fall schon mal einziehen können. Langfristig wird es in der Selbstverwaltung ein Gremium aus Bewohner*innen geben – insgesamt geht unser Konzept hierzu von einer Aushandlung zwischen Autonomie der einzelnen WGs und zentralen Strukturen aus.
Wie sieht euer Zeitplan momentan aus, wie sieht das nächste Jahr aus?
Klara: Als Baustart ist der Anfang des nächsten Jahres geplant. Dann gehen wir von einer Bauzeit von 18 Monaten aus. Dementsprechend wird es dann 2021, bis die Ersten einziehen können.
Das Gespräch führte Xenia Miller
Die Projektgruppe trifft sich immer mittwochs um 18 Uhr in der Sandgasse 7. Hier findet Ihr die Website: https://collegiumacademicum.de/
Xenia Miller studiert Politikwissenschaften und Soziologie und schreibt seit Sommersemester 2018 für den ruprecht. Sie schreibt von verkalktem Trinkwasser über Kabarettist*innen und Autor*innen bis hin zu Drachenbootfahren über alles, was sie so interessiert. Herzensthema bleibt natürlich die Politik. Im Wintersemester 19/20 leitete sie das Ressort Weltweit, seit Sommersemester 2020 das Ressort Heidelberg als Doppelspitze.