Ein großes Problem der Medien in ihrer schnelllebigen Manier ist, dass wir fast nur über Neuigkeiten schreiben, über Veränderungen, über Entdeckungen. Das, was sich nicht verändert, bleibt dabei auf der Strecke. Vor allem die Universität ist und bleibt trotz allem Wandel in Forschung, Lehre und Studium ein Hort der Kontinuität. Und so gibt es an der Universität meistens nicht allzu viel Neues zu berichten, alles bleibt beim Alten.
In unserer neuen Kolumne „… bleibt stabil“ drehen wir diesen Spieß um. Denn hier soll es um all das gehen, was nicht neu ist, was sich nicht verändert und was auch nicht erst entdeckt werden kann, weil es sowieso alle wissen. Pro Ausgabe werden wir ab jetzt einen Fels in der Brandung der Zeitgeschichte vorstellen.
Und was könnte besser geeignet sein, um diese Kolumne feierlich einzuführen, als die ewige Baustelle in Bergheim? An die Beständigkeit dieser Baustelle kommt nicht einmal das Gerüst um das Gebäude der Alten Geschichte im Marstallhof heran. Denn während so manch einer den hässlichen, schwarzen Klotz noch ohne Baugerüst gesehen hat, existiert ein baustellenloser Campus Bergheim nur noch in den Sagen und Legenden der Dozierenden. Der Campus Bergheim ohne Baustelle ist nicht mehr als eine dunkle Erinnerung, denn die Baustelle gibt es schon länger, als die meisten Studierenden an diesem Campus studieren. Ganze Generationen von Studierenden schlossen ihren Bachelor ab, ohne jemals die ehemalige Krehlklinik in ihrer ganzen glorreichen Fleischfarbigkeit zu sehen. Ob die rechte Hälfte des Hauptcampus in Bergheim jemals fertig wird? Äußerst fraglich, denn zuverlässige Quellen berichten, dass dort noch nie ein einziger Bauarbeiter oder gar Bagger gesehen wart.
Ich muss zugeben, dass ich vor Beginn der Recherche zu diesem Artikel im Wintersemester 2016/17 zum letzten Mal in Bergheim war, kurz bevor ich mein Politikwissenschaftsstudium abbrach. Schon damals war halb Bergheim hinter einem Bauzaun verschwunden, und nun, drei Jahre später, steht er also immer noch. Dieser steingewordene Sanierungsstau ist bedrückend und erschreckend zugleich, und doch gibt er einem Hoffnung: Denn solange der Campus Bergheim nicht generalrenoviert ist, bleibt alles beim Alten. Es ist fast so, als würde die Zeit stehenbleiben, der Semesterzähler nicht ticken. Sind es nun sechs, acht oder gar zwölf Semester, die man für den Bachelor braucht? Egal, denn solange Bergheim noch eine Baustelle ist, gibt es keinen Fluss der Zeit.
Und so ist die Baustelle Bergheim unser Fels in der Brandung des Studiums, denn wenn Bergheim nicht fertig wird, wieso sollten wir es werden?
In diesem Sinne: Bleibt stabil!
von Hannah Steckelberg
Hannah Steckelberg studiert Osteuropastudien und Germanistik im Kulturvergleich. Seit 2016 ist sie beim ruprecht – erst nur als Fotografin, seit 2017 auch als Autorin. Am liebsten schreibt sie Reportagen aller Art sowie ihre Kolumne “Hochschule bleibt stabil”. 2019/20 leitete sie zwei Semester lang das Ressort Seite 1-3, inzwischen lebt sie in Wien.