Beim Poetry Slam in der Halle02 führt Philipp Herold durch den Abend. Dem ruprecht erzählt er, was es heißt, Moderator und Poet zu sein
Wenige Minuten vor dem Poetry Slam empfangen uns angenehm familiäre Gespräche im Backstagebereich der Halle02. Letzte Planungen bezüglich der Teilnehmerreihenfolge werden getroffen. Philipp Herold, der Moderator des Abends, mittendrin.
Der gebürtige Heidelberger beschreibt die Bühne des Dichterwettstreits lächelnd als „sein eigenes Wohnzimmer“, in dem er sich besonders bei Homeslams wie zu Hause fühlt. Schon häufig hat er in seinen 28 Jahren vor allem in der Heidelberger Umgebung moderiert und selbst gedichtet. Philipp verschickt zudem die Einladungen an die Teams, wie auch dieses Mal für das Städteduell Leipzig gegen Heidelberg, veranstaltet von der Künstleragentur „WORD UP!“.
Nach und nach füllt sich der lichtgedimmte Publikumsraum mit Jung und Alt. Als das Scheinwerferlicht auf das noch unbemannte Mikrofon gerichtet wird, verstummt die Geräuschkulisse. „Vor meinen Auftritten als Poet kommt es schon mal vor, dass man mich beim Dehnen all meiner Muskeln und ruhigem Atmen beobachtet, auch wenn das vielleicht ein bisschen albern aussieht“, beichtet uns Philipp. Das ist anders, wenn er moderiert: „Kurz bevor ich die Bühne betrete, öffne ich eine Datei in meinen Gedanken, in der ich das Moderationsprogramm abgespeichert habe.“ Die Erfahrung habe ihm Routine gegeben, sagt Philipp. Trotzdem spiele mindestens eine kleine Aufregung immer noch eine Rolle.
Schon zu Beginn der Anmoderation bringt er die Gäste dazu, mit ihm zu interagieren und zu lachen. Spontan reagiert Philipp auf das, was die Zuschauer ihm entgegnen. Er führt sie durch Gesellschaftskritik, politisch reflektierte Themen, aber auch durch persönliche und emotionale Texte der Poeten.
Die letzten Jahre konnte man Philipp Herold in den unterschiedlichsten Rollen erleben, als Poetry Slammer, Moderator oder Autor. Dies bietet ihm variable Perspektiven auf das Geschehen vor dem Vorhang. Als Moderator sei es ihm möglich, kleinere, aber gezielte Glanzpunkte zu setzen, um das Publikum wiederholt mit magischen Momenten zu erreichen. Philipp ist es dabei wichtig, mit den Poeten, aber auch mit dem Publikum zusammenzuspielen.
„Ich habe als Moderator auch immer eine Verantwortung dem Publikum gegenüber, dass es eine gute Zeit erlebt”, erklärt er uns. So trägt Philipp maßgeblich dazu bei, den Rahmen zu schaffen, in dem die Künstler ihrer Poesie freien Lauf lassen können.
Wenn er selbst als Poet diesen Rahmen füllt, kann er eher „auf einen Punkt hin glänzen und strahlen“. In den Momenten seiner lyrischen Einlagen, bedingt durch das Haus den Startplatz, die Location und das Gedicht, könne er eine regelrecht anhaltende Magie beobachten. „Ich fühle mich wohl, wenn ich weiß, was ich mache und Teil eines guten Ensembles bin.“ Poeten und Moderatoren würden auf der Bühne als eine wirkungsvolle Einheit auftreten.
Vor kurzem hat er seine Heimat verlassen und ist nach Berlin gezogen, dort bietet sich ihm die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Sprecher zu machen. Seine bereits autodidaktischen angeeigneten Kommunikationstechniken und Fachwissen über die Branche kann er dadurch noch weiter vertiefen.
Selbst den ersten Schritt in die Szene zu wagen, kann herausfordernd wirken, weiß Philipp aus eigener Erfahrung. „Hierbei ist die Zeit der Schlüssel“, verrät er uns. Hilfreich sei es, wenn eine möglichst lange Zeit zwischen der ersten Anmeldung und dem tatsächlichen Auftritt liege, um sich angemessen vorbereiten zu können. Schlussendlich sei es elementar, zu wissen, dass jeder bei Slams mit offenen Armen empfangen werde. Der erste Schritt auf dem Weg zu seinen eigenen, persönlichen Glanzpunkten möge schwer wirken, unerreichbar sei er jedoch auf keinen Fall.
Von Emily Streib und Jana Metzger