Die Antwort ist ein klares „Ja“. Unter festen Zeitvorgaben können Studierende ihre Fähigkeit zeigen, ihr Studium sinnvoll zu organisieren, wissenschaftliches Handwerkszeug zielführend anzuwenden und ihre Zeit realistisch aufzuteilen. Zudem lernen sie, sich rechtzeitig damit auseinanderzusetzen, wenn eine Arbeit nicht termingerecht fertig wird, anstatt die Abgabe hinauszuzögern und am Ende vor einem unüberwindbaren Berg an Hausarbeiten zu stehen. Die Notwendigkeit, sich bei Fristüberschreitung mit den Dozierenden abzusprechen, bietet die Chance, angesichts von Schreibblockaden oder Fehlplanung Hilfe zu erhalten. Dies kann ein wichtiger Schritt in der eigenen wissenschaftlichen Entwicklung sein. Abgabefristen ermöglichen eine bessere Planbarkeit des Studiums. Auch gilt es zu bedenken: Viele Dozent*innen sind befristet angestellt. Wer sich mit der Hausarbeit über Semester Zeit lässt, kann nicht mehr unbedingt damit rechnen, dass die betreuende Lehrperson noch am Institut arbeitet.
These 1: In den meisten Jobs gibt es Fristen für Aufträge. Studierende sollten darauf vorbereitet werden, unter Zeitdruck solide Leistungen zu erbringen
Der Gedanke, dass die Universität eine freie Form des Lernens und Arbeitens ermöglichen soll, ist im Sinne eines humanistischen Bildungsideals ein wichtiger Gedanke. In den meisten Arbeitsbereichen, die Wissenschaft eingeschlossen, werden Kreativität und (zeitliche) Ressourcen aber immer in Verbindung stehen. Neben fachlichen Fähigkeiten erfordern viele Jobs die Fähigkeit zur Selbstorganisation. Zeitmanagement ist eine zentrale Kompetenz, die dem Wunsch vieler Studierenden, das Studium näher an der Realität der Arbeitswelt auszurichten, entgegenkommen sollte. Zeitdruck ist ambivalent. Er kann Kreativität hemmen und zu Fehlern führen. Er kann Kreativität aber auch befördern, indem er zu einer Fokussierung führt und Entscheidungen erzwingt, die ansonsten immer weiter aufgeschoben würden.
These 2: Viele Studierende müssen in der vorlesungsfreien Zeit mehrere Hausarbeiten schreiben. Diese Häufung führt zu Stress und schwachen Leistungen
Nicht immer bleibt Zeit, sich den Aufgaben im Studium mit der gewünschten Konzentration zu widmen. Unbestreitbar. Die Perspektive auf Hausarbeiten ist eine etwas andere. Ihr Erwartungshorizont orientiert sich nicht an einem absoluten Maßstab, sondern am bestmöglichen Ergebnis in der festgelegten Frist, unter Berücksichtigung weiterer Aufgaben in derselben Zeit. Hausarbeiten erfordern Kreativität, vor allem aber versierte Anwendung wissenschaftlichen Handwerks.
Wer Arbeiten mit in nachfolgende Semester nimmt, erhöht den Stress – das neue Semester bringt zusätzliche Anforderungen. Hier sind auch wir Studienberater*innen gefragt, den Studierenden bei einer Semesterplanung zu helfen, in der sich Veranstaltungen mit Hausarbeit und solche mit anderen Prüfungsformen möglichst die Waage halten.
These 3: In Hausarbeiten sollen Studierende Inhalte aus einer Veranstaltung des Semesters anwenden. Daher sollte Gelerntes nicht zu weit zurückliegen
Liegt ein Seminar weit zurück, fällt es vielen Studierenden schwer, sich erneut auf dessen Themen einzulassen. Die anfangs möglicherweise vorhandene Begeisterung verblasst, wenn sich zwischen Veranstaltung und Ausarbeitung viele neue Anforderungen schieben.
Die zeitnahe Bearbeitung von Seminarthemen hat zudem ganz praktische Funktionen: Die bestandene Hausarbeit ermöglicht den Besuch aufbauender Veranstaltungen. Noch wichtiger aber: Sie gibt den Studierenden Aufschluss darüber, wo sie „im Studium stehen“. Das stärkt im besten Fall das Selbstvertrauen. Es bietet aber auch die Möglichkeit, rechtzeitig gegenzusteuern, wenn sich Schwierigkeiten zeigen. Wer eine solche Kontrolle der bislang erworbenen Kompetenzen zu lange hinausschiebt, läuft Gefahr, die Kontrolle über ein Studium zu verlieren.
von Hannah Steckelberg und Lara Stöckle