Dieser Artikel erscheint im Rahmen unserer Corona-Onlineausgabe.
Die weiße Joghurtsoße meines vegetarischen Döners tropft langsam auf den schwarz geteerten Boden. Egal wie ich ihn halte, ich kann nicht verhindern, dass die dickflüssige weiße Substanz bei jedem über die Parkbank gelehnten Bissen, einen Fleck auf dem dunklen Boden hinterlässt, sich über ihn ausbreitet, in ihn hineinsickert, ihn ertränkt…
„Black life matters! Sag ich da immer. Aber dass die USA ein Rassismus-Problem hat, das weiß man ja schon länger. Und jetzt mit dem Trump, das war ja klar, dass das nicht besser wird. Der hat ja schon in den 90ern, damals als Großunternehmer, da hab‘ ich so eine Dokumentation darüber gesehen … Da hat er sich schon dafür eingesetzt, dass schwarze Teenager wegen einer Vergewaltigung in den Knast kamen, mit der sie nichts zu tun hatten…“
Links von mir steht eine Gruppe sehr weißer Menschen in den besten Jahren, alles ist ein bisschen zu pastellfarben um sie herum, außer das Cover von Michelle Obamas Biografie „Becoming“, das die Sprecherin in ihrer Hand hin und her schwenkt, während sie ihre aufmerksamen Zuhörer über den Rassismus in den USA aufzuklären versucht. Heftiges Kopfnicken regt ihren Monolog nur weiter an.
„Ja, ich weiß noch ganz genau, wo ich war, als die Wahlergebnisse bekannt gegeben wurden. Im Frankfurter Flughafen, der Matthias und ich, was haben wir nur gestaunt, als, einer nach dem anderen, die Staaten an den Trump gingen…“ Zustimmung von dem Mann neben ihr, wahrscheinlich der Matthias.
Das Ganze scheint die Corona-Variante eines Geburtstagsbrunch zu sein, halbgefüllte Plastiksektgläser stehen auf der kniehohen Mauer, auf der auch weitere Geschenke und Snacks liegen. Ich nehme ein Schluck aus meiner Cola-Dose und frage mich, warum es immer um die USA gehen muss. Was ist mit den rassistisch motivierten Morden in Hanau, mit angezündeten Flüchtlingsheimen und Racial Profiling? Gibt es nicht auch in Deutschland Rassismus, der zu bekämpfen ist? Immerhin scheint das „Establishment“ hier im Park das Thema ernst zu nehmen.
„Ja, und die Melania. Schlimm! Die hat er ja einfach gekauft. Die ist so ne richtige osteuropäische Schlampe, wenn ich das mal so sagen darf…“ Kopfnicken.
von Ruth Fuentes
Ruth Lang Fuentes studiert Mathematik. Sie schreibt seit dem SoSe 2020 für den ruprecht über politische Anliegen der Studierenden, sowie über Film und Kino in Heidelberg. Nebenbei schreibt sie einen Blog über Film und Feminismus, ein Thema, das sie auch im ruprecht mehr aufgreifen möchte. Seit dem WiSe 2020/21 leitet sie das Ressort Online.