Holzhaus
Weiße Decke
streicheln wird wieder Zeit, wie viel uhr?
Es ist Zeit ein neues Ich ein neuer Tag
zum Warten auf sie ich warte sie kommt
alles ist schön und farbig ich gehe
in die küche noch zu dunkel. Licht an. ist sie da? Nein kein Geschirr von gestern
abend lag sie da und heute morgen
sehe ich nur unsere Tochter auf dem
Sofa liegend, schauend, schweigend
schönen guten Morgen keine Antwort
nicht unerwartet armes Mädchen braucht
nur Liebe
Liebe zur Arbeit zum Holzschneiden
das Fenster durch das Fenster viel Holz
zu sehen, zu schneiden, zu verkaufen für Geld
wenn sie kommt. Lass mich raus! Ich
gehe raus zum Holz eins zwei drei vier fünf sechs siebe
Achtung die Säge!
scharf genug zum schneiden ein Geschenk für
sie liegt auf dem Sofa Hier für dich! Ein schönes Haus, für dich von mir
gebaut! Wann kommt Mama zurück?
ich gucke sie an sie guckt zurück zum Thema
kann ich dir nichts sagen
Wenn sie kommt zurück zur Zeit zu uns gute und
alte und ohne Trauer oder Hass
wir werden eins Sein ein Sein
Doch sie ist da! Wo?
Dort! in meinem Herz? Nein sie steht vor
weiße Decke streicheln wird wieder Zeit,
wie viel uhr?
Es ist Zeit ein neues Ich ein neuer Tag
zum Warten auf sie ich warte sie kommt
alles ist schön und farbig
Von Karim Gamil
Karims Gedichte nehmen meist die Form von einem Gedankenstrom an. „Es geht mir in meinen Texten darum, ein gewisses Narrativ durch einfache Eindrücke zu vermitteln“. Dabei geht es oft um Themen wie Angst, Verlust, Druck und Nervosität. Weil er viel Wert auf Rhythmus legt, führen unterschiedliche Leseformen zu anderen Interpretationen. Karim studiert Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg.