Phlegethon und Lethe
Ich erwachte.
Er wachte. Mein Schatten
auf jungen Wiesen
im Sommerlicht.
Was bist du?
Ihre Augen: Seen, klar und tief.
Ein Mensch und sein Schatten,
fürchte ich.
Vom Nebel versucht,
von Hoffnung besucht:
Führe mich.
Komm mit.
Ihr Haar: Sonne im Gräserfeld.
Wege und Wälder und
Blumen und Sommer und
Nebel und Winter und
Tal und Tag und
Nacht und Nacht und Nacht,
dann weiße Stadt:
stolze Zinnen,
bunte Pracht.
Hier.
Ihre Beine: schlank und flink.
Wie sie rennt. Über die Straße. Bei Rot.
Jung und geblendet
vom Scheinwerfer der Straßenbahn.
Wo bist du?
Ihre Gestalt: Erinnerung.
Ihr Schatten in meinen Armen.
Weiße Stadt
voll Baustellenstaub,
stolze Zinnen
der Industrieanlagen,
bunte Pracht
auf Werbeplakaten.
Komm zurück.
Ihr Lächeln: Verheißung.
Wege und
Flüsse und
Himmel und
Früchte und
Menschen und
Lachen, doch
Wege im Dunkel und
Flüsse aus Feuer und
Himmel aus Stahl und
Früchte der Furcht und
Menschen am Boden und
Lachen von Blut und
er wachte schon,
mein Begleiter.
Dann küsse mich,
schöner Schatten.
Lass mich vergessen
und führe mich
über den Fluss.
Von Marianne Krener
Marianne Krener studiert in Heidelberg eine Naturwissenschaft. Ab und zu schreibt sie Texte aller Art, das macht sie aber nur selten. Gedichte schreibt sie noch seltener und wenn sie es tut, dann nicht vor 2 Uhr nachts. Außerdem heißt sie nicht Marianne Krener.