Was sind die größten negativen Faktoren, die neben dem Plastikkonsum die Meere bedrohen? Inwiefern zeigt sich dies in den Gewässern?
Plastik ist das eine, aber es gibt noch ganz viele andere Schadstoffe, die ins Wasser eingeleitet werden. Teilweise stammen diese von dem Plastik. Beispielsweise kommen aus Klamotten viele Schadstoffe ins Wasser. PCBs, Formaldehyd und PFCs sind hier bekannte Mittel. Zusätzlich sind auch des Öfteren Schwermetalle ein Problem. Topräuber, die Tiere an der Spitze der Nahrungskette, wie Eisbären, Beluga- und Narwale, die viele kleinere Tiere fressen, reichern diese Schwermetalle an. Belugawale lagern vor allem Quecksilber an. Dieses angelagerte Schwermetall geben die Tiere sogar an ihre Nachfahren weiter, was zu einer fallenden Geburtenrate führen kann und die gesamte Belugafamilie bedroht.
Durch den Klimawandel stellt natürlich auch CO₂ eine besondere Bedrohung dar. Es wird viel zu viel CO₂ in die Meere eingetragen, was zu einer Versauerung der Meere führt. Dies wirkt sich wiederum auch auf die Lebewesen in ihnen aus.
Was können wir dafür tun, um einerseits die weiteren Auswirkungen zu verringern, aber auch, um die bereits eingetretenen Auswirkungen einzudämmen?
Allgemein müssen wir den CO₂-Eintrag reduzieren. Dafür müssen wir weniger produzieren. In Bezug auf Plastik gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir sollten weniger Plastik produzieren, indem wir den Stoff beispielsweise durch Papier ersetzen. Dies funktioniert besonders gut mit Altpapier, da die Produktion von neuem Papier äußerst energieaufwändig ist. Es treibt außerdem die Abholzung unserer Wälder weiter voran.
Das Plastik, das wir bisher in die Meere eingetragen haben, können wir nach jetzigen Kenntnissen wohl nicht mehr entfernen. Es gibt ein paar Ideen, wie das vom Ocean Cleanup und auch von deutschen Firmen, jedoch können auch diese nur bedingt das Plastik von der Oberfläche entfernen. Ab einer bestimmten Tiefe ist das nicht mehr möglich. Das Problem ist, dass das eingeführte Plastik von Tieren und Pflanzen bewachsen wird. Dies bewirkt wiederum, dass die Plastikteilchen in die Tiefsee absinken, aus der wir sie nicht mehr herausholen können.
Bestimmte Flüsse in Ostasien sind für den größten Teil des Plastiks im Meer verantwortlich. Es wäre sinnvoll, an deren Mündungen das Plastik abzufischen. Allerdings sind damit erhebliche Kosten verbunden, weil dort eine solch große Plastikmenge ins Meer geleitet wird. Dies ist von den jeweiligen Staaten momentan nicht zu bezahlen.
Eine weitere Möglichkeit wäre es, Plastik wieder als Wertstoff anzusehen. Hierfür gibt es bereits die sogenannte Plastikbank. Diese Wertwahrnehmung bewirkt, dass ärmere Bevölkerungsteile der Erde Plastik sammeln und damit Geld verdienen können. Dadurch, dass das Sammeln von Plastik so zum Beruf werden kann, kann sowohl die Wiederverwendung und die geringere Verschmutzung durch Plastik als auch das Einkommen dieser Bevölkerungsteile gesichert werden. Doch dies stellt keine langfristige Lösung dar, denn schlecht bezahlte Menschen in Entwicklungsländern unser Plastik aufsammeln zu lassen, macht unsere Produktion nicht weniger problematisch – wir müssen schlichtweg weniger Plastik produzieren. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, Plastik durch neue Stoffe wie zum Beispiel Milchsäure zu ersetzen, sodass keine fossilen Brennstoffe wie das Rohöl zur Produktion von Plastik anfallen. Die Herstellung und auch das Recyclen von den sogenannten „Bio-Kunststoffen“ ist allerdings momentan auch noch problematisch.
Weshalb ist es so wichtig, dass wir die Verunreinigung stoppen?
Plastik gehört nicht ins Meer und macht sowohl den Tieren als auch den Pflanzen das Leben schwer. Wir verunreinigen nicht nur die Natur, sondern die menschliche Existenz. Gibt es im Ozean nur noch Plastik anstatt von Pflanzen und Fischen, haben wir nichts mehr zu essen. Somit entziehen wir uns selbst durch den Plastikkonsum unsere Lebensgrundlage. Der Schutz unserer Meere durch einen geringeren Plastikverbrauch und klimafreundlichere Produkte hat – wie jeder Umweltschutz – einen gewissen Eigennutz. Wir können uns nicht vorstellen, dass wir die so gewaltig erscheinende Natur verunreinigen. Aber genau das tun wir in hohem Maß.
Welche wichtigen Funktionen der Meere und welche Lebewesen sind bereits so weit geschädigt, dass die Folgen stark zu spüren sind?
Da gibt es eine Vielzahl. Besonders stark betroffen sind
die Korallenriffe. Die Wassererwärmung schädigt diese soweit, dass sie in ihrem Lebensraum immer weiter eingeschränkt sind und absterben. Diese Korallenriffe sind jedoch ein sehr wichtiges Ökosystem für tropische Länder. Somit zerstören wir in den energiehungrigen Industriestaaten die Lebensgrundlage weit entfernter tropischer Länder.
Das Korallenriff liefert durch die unzählige Menge an Fischarten Nahrung. Zudem bietet es einen Küstenschutz gegen, Überschwemmungen, Tsunamis oder auch generell Wellen: Die Korallenriffe bilden eine Art Wellenbrecher und fangen einen Teil der Wellenenergie ab, mindern damit die Erosion der Küste. Es gibt viele Inseln auf der Welt, die immer größere Teile der Landfläche verlieren, da die Korallenriffe oder Mangroven bereits zerstört sind oder abgeholzt wurden.
Die Mangroven werden häufig abgeholzt, um Gebäude zu bauen. In Südostasien und Südamerika wird die gewonnene Fläche häufig zum Aufbau von Shrimpfarmen genutzt. Durch diese Naturzerstörung können starke Wellen auch das Hinterland erreichen und Erosion hervorrufen. Dies kann das Land unbewohnbar, aber auch unbrauchbar für landwirtschaftliche Bewirtung machen.
CO₂ führt zur Meerversauerung, was zu einer regelrechten Kaskade von negativen Folgen führt. Dies beeinträchtigt neben Plankton auch andere Organismen, wie beispielsweise Muscheln und Korallen. Ob Plankton in seiner Sauerstoffproduktion beeinträchtigt wird, ist momentan noch unklar. Sollte sich die momentane Vermutung jedoch bestätigen, wäre dies ein unheimliches Problem für uns. Denn Plankton produziert einen erheblichen Teil unseres Sauerstoffs auf der Welt.
Schränken die Folgen uns bereits jetzt ein oder werden sie es in naher Zukunft tun?
Es ist wie so vieles ein langsamer Prozess. Es schränkt uns definitiv bereits jetzt ein, denn wäre unsere Natur in einem gesunden Zustand, hätten wir deutlich weniger Probleme auf der Welt. Wir hätten mehr Geld, um andere wichtige Probleme wie Bildung und Überbevölkerung auf der Welt anzugehen. Momentan fließt sehr viel Geld in den Umweltschutz, was positiv ist. Allerdings wäre dies nicht nötig, wären die Schäden erst gar nicht entstanden.
Unsere momentanen Einschränkungen wird es in naher Zukunft sicherlich weiterhin geben. Viele Küstengegenden sind bereits unbewohnbar und die Zahl der Fische in den Ozeanen nimmt ab. Deshalb müssen wir in Zukunft versuchen, uns unsere Nahrung aus anderen Quellen zu beschaffen.
Auch die Abholzung der Mangroven und das Absterben der Korallenriffe hält an. Es wird unsere Generation stark treffen und uns garantiert einschränken. Nur wenn wir uns selbst auch einschränken, können wir diese Umweltschäden soweit zurückfahren oder sogar beheben, damit wir uns eine bessere Lebensgrundlage schaffen können.
Das Gespräch führte Annika Beckers.
Annika Beckers ist momentan im zweiten Semester ihres Anglistik und Politikwissenschaft Studiums. Seit 2019 ist sie Autorin beim ruprecht. Dabei berichtet sie sowohl über aktuelle Entwicklungen, als auch über kulturelle Themen.