„Die Wiege der Zivilisation…“ mit diesen Wörtern beschreiben Archäologen die Region, die zwischen Tigris und Euphrat ist, wo das heutige Syrien liegt.
Heutzutage ist das Wort Syrien mit sehr grausamen Eindrücken verbunden, wie Krieg, humanitären Krisen, Flüchtlingskrisen, Zerstörung, Flucht und Armut. Der Krieg in Syrien hat laut Berichten der Vereinten Nationen eine der größten humanitären Krisen mit hunderttausenden Toten, 13 Million Flüchtlingen und einer zerstörten Wirtschaft verursacht. Er hat sich auch auf das menschliche Erbe in Syrien ausgewirkt, da viele archäologische Stätten geplündert und zerstört wurden.
Aber wie sah das Land vor 2011 aus?
Vor dem Krieg war Syrien ein Reiseziel für Touristen aus der ganzen Welt. Die alten Stätten und Traditionen veranlassten Menschen dazu das sichere Land zu besuchen. Die Syrerinnen und Syrer waren daran gewöhnt, ausländische Gesichter auf ihren Straßen zu sehen. Die Hauptziele für die Reisenden waren die sechs Fundorte des UNSECO Weltkulturerbes. In Aleppo konnte man von der Zitadelle eine Aussicht auf die ganze alte und moderne Stadt genießen, leckeres Essen probieren und vor allem Aleppo Seife als Geschenk kaufen. Ein weiterer touristischer Weg führte zu der ehemaligen römischen Oase Palmyra mit ihrem berühmten Triumphbogen. Es dauert zwei Stunden, um von Palmyra zur Hauptstadt Damaskus zu reisen, wo man traditionelle Geschenke auf ihrem alten bedeckten Basar kaufen konnte. In Damaskus fand man viele Spuren der Islamischen und Christlichen Kultur. Die Stadt Bosra liegt etwa 140 km südlich von Damaskus, wo sich eines der größten antiken römischen Theater der Welt befindet. In Syrien gibt es auch zahlreiche große Zitadellen, sowohl in den Städten als auch in den Bergen.
Doch vom ersten Moment der Gewalt im Land an, wurde das menschliche Erbe ins Visier genommen.
Einer der denkwürdigsten Tage, den die Syrer nie vergessen werden, ist der 28. September 2012, als der Kampf zwischen dem syrischen Regime und der Opposition in der Altstadt von Aleppo dazu führte, dass ihr alter Markt (Basar), einer der längsten überdachten Märkte der Welt, der in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes mit seinem 1000 Läden aufgenommen wurde, in Flammen aufging. Die UNESCO bezeichnet den Brand der Kulturschätze im syrischen Aleppo als eine Tragödie.
Das Jahr 2013 war für diejenigen, die sich für das menschliche Erbe auf der ganzen Welt interessieren, nicht viel besser. In diesem Jahr wurden große Teile der Altstadt von Aleppo zerstört, ganz besonderes die Minarette der ältesten Moschee in der Stadt, die ein Symbol für die ganze Stadt war. Eine Gruppe von UNESCO Experten besuchte die als Weltkulturerbe deklarierte Stadt und erklärte, dass 60% der Strukturen beschädigt und 30% vollständig zerstört wurden.
Das Leid des menschlichen Erbes hörte in Aleppo nicht an diesem Punkt auf. Im Herbst 2015 zerstörten die ISIS-Terroristen den Tempel von Baal Shamin und Bel in der ehemals römischen Stadt Palmyra. Nach einer kurzen Zeit sprengten die Terroristen den berühmten Triumphbogen, der auch ein Symbol des Landes war. Im Herbst 2015 verloren nicht nur die Syrer, sondern auch die ganze Welt große Teile der Ruinen einer der berühmtesten alten römischen Städte der Welt.
Die massive Zerstörung und Beschädigung der Weltkulturerbestätten veranlasste deutsche Archäologen, einzugreifen und zu versuchen, die Überreste des menschlichen Erbes nicht nur für Syrer sondern auch für die ganze Welt zu retten.
Deutschland spielte eine wichtige Rolle beim Schutz des kulturellen Erbes. 2013 begann die Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Archäologischen Institut und dem Museum für Islamische Kunst in Berlin mit dem Start der Projekte: „Syrian Heritage Archive Project“ und „Die Stunde Null – Eine Zukunft für die Zeit nach der Krise“. Das Ziel des ersten Projekts ist die Digitalisierung und Archivierung von mehr als 100.000 Sammlungsfotos, Zeichnungen und Plänen und darüber hinaus auch die Präsentation der syrischen Kultur und Traditionen. Das Ziel des Projekts „Stunde Null“ zielt darauf ab, Pläne für den Wiederaufbauprozess umzusetzen und Syrische Spezialisten auszubilden, um den Wiederaufbauprozess durchzuführen.
Der Zustand der Unsicherheit hat viele Antiquitätenschmuggler dazu veranlasst, illegale Ausgrabungen an den wichtigsten archäologischen Stätten durchzuführen. Dies führte zum Verlust vieler Kulturgüter und zur Zerstörung von archäologischen Schichten, die die Archäologen und die Menschheit für immer verloren haben. Aufgrund der Armut und Obdachlosigkeit suchten einige syrische Flüchtlinge Schutz und Unterbringung in einem 1.900 Jahre alten Tempel, der Zeus gewidmet ist.
Trotz aller Zerstörung und Plünderung versuchen die Archäologen Wege zu finden, um diese wertvolle Kultur für die nächsten Generationen zu schützen und zu dokumentieren. Nun liegt die größte Verantwortung bei den in Deutschland ausgebildeten Syrischen Archäologen, sobald der Krieg vorbei ist.
Von Jumana Alasaad