Die Neckarwiese kennen alle. An Sommerabenden trifft sich hier fast ganz Heidelberg zum Feiern, Grillen oder Entspannen. Aber welche Freizeitanlagen hat die Stadt sonst noch zu bieten? Wo können Heidelberger etwa in Rohrbach Tischtennis spielen oder in Wieblingen picknicken?
Die Webanwendung meinGrün will diese Fragen beantworten. Sie lässt sich per Browser auf Computern oder Mobilgeräten aufrufen und ist bislang nur in Heidelberg und Dresden verfügbar. Die App findet zu verschiedenen Outdoor-Aktivitäten jeweils geeignete Grünflächen im Stadtgebiet. Alternativ können gezielt Orte gesucht werden, die gewünschte Eigenschaften aufweisen. So lassen sich beispielsweise schattige Plätze oder Parks mit vielen Bänken ausfindig machen. Zu den gefundenen Treffern beschreibt die App die genaue Ausstattung vor Ort und führt Nutzerinnen und Nutzer mit der integrierten Routingfunktion direkt dorthin.
Entwickelt wurde meinGrün unter Leitung des Dresdner Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung in Zusammenarbeit mit Heidelberger Geoinformatikern. Das Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur fördert das Projekt mit Forschungsgeldern. Datengrundlage bilden sowohl offene Geodaten als auch kommunale Daten, welche die beteiligten Stadtverwaltungen zur Verfügung stellten.
Eine Schnitzeljagd durch Neuenheim soll in die Bedienung der App einführen. Vom Ausgangspunkt an der Neckarwiese führt sie über eine drei Kilometer lange Strecke bis in den Botanischen Garten. Der Spaziergang mit kleinen Knobeleien zwischendurch ist kurzweilig, zeigt uns jedoch eher uninteressante Orte und bleibt daher überwiegend funktional. Eine alternative Schnitzeljagd als Radtour wird ebenfalls angeboten.
Die App selbst glänzt mit einem Reichtum an Features. So können bekannte Orte wie der Adenauerplatz gezielt gesucht werden. Das Spektrum an auswählbaren Aktivitäten reicht von Sportarten über entspannte Alltagstätigkeiten wie Gassi gehen oder Lesen. Auch die erweiterten Kriterien, ob eine Fläche schattig sein oder Toiletten besitzen soll, sind zahlreich und lassen sich sogar gewichten. Weiterhin weisen die Daten im Allgemeinen eine hohe Detailgenauigkeit auf, so ist etwa jede Sitzbank und jeder Mülleimer auf der Neckarwiese einzeln verzeichnet.
Der Schwachpunkt ist aber die Suchfunktion. Je nach Standort und Zoomeinstellung zeigt sie uns im selben Stadtteil unterschiedliche Ergebnisse an – manchmal auch gar keine. Auch die Relevanz und Qualität der Treffer schwankt. Auf der Suche nach einem ruhigen Ort in der Weststadt wird uns die Wiese gegenüber dem Hauptbahnhof vorgeschlagen, und wer in Kirchheim grillen möchte, könne das im Ziegelhausener Wald machen.
Insgesamt bietet meinGrün ein nützliches Konzept mit relevanten Features und erscheint zu einer Zeit, zu der wir alle auf abwechslungsreiche Außenaktivitäten angewiesen sind. Leider ist der tatsächliche Alltagsnutzen durch die unausgegorene Suchfunktion zweifelhaft, denn es ist auch nicht möglich, die Grünflächen auf der Karte manuell zu durchstöbern. Sollten zukünftige Versionen die Usability verbessern, wäre die App durchaus empfehlenswert, bis dahin verpasst ihr wenig, wenn ihr den eigenen Stadtteil weiterhin analog erkundet.
Von Philipp Rajwa
...hat in Heidelberg Informatik studiert und war zwischen 2020 und 2023 Teil der ruprecht-Redaktion. Ab dem WiSe 2021 leitete er das Feuilleton und wechselte im WiSe 2022 in die Leitung des Social-Media-Ressorts. Im Oktober 2022 wurde er zudem erster Vorsitzender des ruprecht e.V. und hielt dieses Amt bis November 2023.