Studierende nutzen unterschiedliche Arten, um die Klimakrise von zu Hause aus zu bekämpfen. Meistens betreffen sie den Alltag. Sie kaufen plastikfrei ein, essen weniger Fleisch und bevorzugen saisonale und regionale Produkte. Ihr Kassenzettel gleicht einem Stimmzettel und das mit Erfolg. Im Sommer des Jahres 2020 überschreitet der Umsatz vegetarischer und veganer Fleischalternativen des Unternehmens Rügenwaldermühle zum ersten Mal den der klassischen Fleischprodukte. Eine Entwicklung, die das Unternehmen in seinen künftigen Entscheidungen berücksichtigen wird. Sie macht deutlich, wie viel Macht Konsumenten haben.
Kleine Entscheidungen mit großen Auswirkungen
Kleine Alltagsentscheidungen entfallen häufig der Aufmerksamkeit von Studierenden, obwohl ihre Wirkung weitreichend ist. Eine weitreichende Entscheidung ist beispielsweise die Wahl der Bank. Die wenigsten Studierenden bedenken welchen globalen Einfluss sie mit ihr nehmen. Denn die Geschäfte vieler Banken tragen maßgeblich zum Bestehen klimatreibender Unternehmen bei. Auch wenn die Rolle als Studierende im Bankenwesen nicht so greifbar ist wie in der Nahrungs- und Lebensmittelindustrie, ist sie dennoch entscheidend. Durch eine bewusste Bankenwahl können Gelder gelenkt und von Unternehmen der Rüstungs- und fossilen Brennstoffindustrie ausgeschlossen werden.
Unternehmen benötigen Geld, um Investitionen zu tätigen und Projekte zu realisieren. Ihr eigenes Kapital reicht selten aus — meist nehmen sie Kredite auf oder verdienen an Aktien. An die Kredite und Aktien gelangen sie durch Banken, die wiederum an ihrer Vergabe verdienen. Banken verdienen an Aktiv- und Passivgeschäften, das heißt durch aktive Kredit- und Aktienvergabe und durch passive Einlagerung und Verwaltung von Geldern in Form von Spar-, Giro- und Tagesgeldkonten. Das Geld in Aktien und Sparbüchern fließt auf direktem Wege an die besagten Unternehmen. Die Gelder sind meistens direkt bei den Firmen angelegt. Die Gebühren, die für die Kontoführung eines Girokontos anfallen, landen auf indirektem Weg bei Unternehmen. Sie stellen zusätzliches Kapital, mit dem die Bank wirtschaften kann. Mit diesen Einlagen wirtschaftet die Bank. Sie vergibt Kredite und erhält dafür Zinsen.
Gerade bei Unternehmen der Rüstungs- und fossilen Brennstoffindustrie ist der Gewinn für Banken verlockend. Die Konsequenzen, die daraus für Mensch und Umwelt resultieren sind allerdings weitaus höher.
Dreckige Geschäfte
Insbesondere private Kreditinstitute vergeben Kredite an Unternehmen dieser Branchen — allen voran die Deutsche Bank. Seit 2010 gingen insgesamt mehrstellige Milliardenbeträge in die Rüstungs- und fossile Brennstoffindustrie. Auf der Liste an Unternehmen, die die Deutsche Bank mit Krediten versorgt, steht unter anderem Gazprom, der dritthöchste globale Kohlenstoffemittent. Er betreibt Ölplattformen in der Arktis und ist dort für viele Ölverschmutzungen verantwortlich. Ein weiterer Zahlungsempfänger ist Glencore. Als weltweit agierender Rohstoffproduzent verfügt der Konzern über die zehn größten Kohlevorkommen weltweit. Neben Luftverschmutzung und weitreichenden Umweltschäden unterdrückt Glencore die Arbeiterrechte seiner Minenarbeiter in Peru, Sambia und Kolumbien. Die Deutsche Bank unterhält darüber hinaus zu fast allen Rüstungskonzernen Beziehungen, die allesamt an Rüstungsexporten in Krisengebiete wie Irak und Afghanistan beteiligt sind.
Auch öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, deren Geschäfte nach dem öffentlichen Interesse betrieben werden, werden Beziehungen zu Unternehmen der Rüstungs- und fossilen Brennstoffindustrie nachgewiesen. Öffentlich-rechtliche Banken unterliegen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden. Auf Gemeinde-Ebene treten sie als Sparkassen auf. Jede Sparkasse entscheidet selbst wohin ihre Kredite vergeben werden. Die Sparkasse Düsseldorf stellt beispielsweise Kapital für mehrere Rüstungsproduzenten darunter Thyssenkrupp und Rheinmetall, und die Öl- und Gasindustrie. Rheinmetall ist Hersteller des weltweit exportierten Leopard-2-Panzers. Das Unternehmen liefert in Krisengebiete und Länder mit Menschenrechtsverletzungen wie Singapur, Indonesien und Katar. In allen drei Ländern ist mitunter das Recht auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt. Regierungskritischen Personen drohen willkürliche Haftstrafen.
Vermeintlich Grün
Einige Sparkassen bieten nachhaltige Sparangebote an, die jedoch trügerisch sind. Anteilsgrenzen machen die Produkte vermeintlich grün, schließen allerdings Rüstungsindustrie und fossile Brennstoffe nicht aus. Sie erhöhen allein den Anteil erneuerbarer Energien. Ihre Zusammenarbeit mit Landesbanken auf Länderebene macht die Geldflüsse noch undurchsichtiger: Die Landesbank Baden-Württemberg schließt in ihren Richtlinien Investitionen in Unternehmen die Streumunition herstellen oder am Export von Kriegswaffen beteiligt sind aus. Laut Recherchen von Fair Finance, eine Organisation die Bewertungsmethoden für Banken entwickelt hat, konnten ihr jedoch Beziehungen mit Thyssenkrupp und Airbus nachgewiesen werden.
Es geht auch anders
Einige Banken haben sich sozialem, fairem und ökologischem Bankwesen verschrieben. Sie schließen Kreditvergaben an Unternehmen der Rüstungs- und Brennstoffindustrie aus. Stattdessen investieren sie in erneuerbare Energien, Bildung, Kultur, Soziales und Gesundheit. Neben nachhaltigen Investments verpflichten sie sich das Investitionsgeschehen transparent darzulegen. Hierfür wurde die Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken (GLS) mehrfach ausgezeichnet. Sie gewann 2020 den deutschen Nachhaltigkeitspreis für ihre Partnerschaft mit BioFoods in Sri Lanka. BioFoods ist ein Bio- und Fair-Trade-Unternehmen, das für ökologische Landwirtschaft und gerechte Entlohnung der Arbeiter eintritt. Eine weitere nachhaltige Bank ist die Triodos Bank. Sie finanzierte den Solarpark Senftenberg auf ehemaligem Tagebaugelände in Brandenburg und ist an der Finanzierung des Windparks Nordsee One beteiligt.
Neben Projekten der ökologischen Landwirtschaft und erneuerbaren Energien investieren nachhaltige Banken auch in Wohn- und Bildungsprojekte. Darunter fällt der Holzmarkt in Berlin, ein ganzheitliches Wohnprojekt, das nachhaltige Bauweise, Kunst, Natur, Arbeiten und Wohnen zusammenbringt. Finanziert wurde das Projekt von der UmweltBank.
Die Bankenwahl ist wichtig — auch für Studierende
Die Lage ist erschreckend und zugleich eindeutig. Insbesondere private Kreditinstitute investieren wissentlich in Unternehmen die gegen Arbeiter-, Umwelt- und Menschenrechte verstoßen. Aber auch öffentliche Kreditinstitute beteiligen sich häufig an solchen Unternehmen. Alternativen bieten nachhaltige Banken. Sie investieren in Projekte mit einem Mehrwert für Mensch und Umwelt. Dennoch kann nicht komplett ausgeschlossen werden, dass auch nachhaltige Banken an Drittanbietern beteiligt sind, die wiederum in Mischkonzerne, Rüstungsunternehmen oder die fossile Brennstoffindustrie investieren.
Es gilt: Jedes Konto ist ein Stimmzettel mit der Forderung nach einer nachhaltigen und zukunftsorientierten Wirtschaftsweise. Ein Kontowechsel zu einer nachhaltigen Bank stimmt gegen reine Profitorientierung und bestärkt nachhaltige Unternehmensformen. Anstelle werden Projekte unterstützt, von denen zukünftige Generationen profitieren.
von Anne Morlock
Anne Morlock studiert Geographie und schreibt seit Januar 2021 für den ruprecht. Ihr Antrieb ist es aktuelle Phänomene aus Gesellschaft und Wissenschaft greifbar und verständlich zu machen.