“Ohne uns ist’s still”, ist der Slogan einer Kampagne, die in den letzten Monaten mit der gemeinsamen Aktion “Alarmstufe Rot” buchstäblich beschreibt, was die Uhr geschlagen hat. Für die meisten in der Veranstaltungsbranche tätigen Künstler und Techniker gibt es derzeit wenig zu lachen. Die Kultur- und Veranstaltungsbranche lebt von den vielen Solo-Selbstständigen und Künstler*Innen und umgekehrt. Ohne die vielzähligen Beteiligten fänden viele Events gar nicht erst statt. Unter dem Titel „Solo, aber nicht alleine!“ fand im Dezember ein Austausch von Künstler*innen & Soloselbstständigen in der Veranstaltungsbranche per Zoom-Meeting statt. Felix Grädler, Clubbetreiber der Halle 02, führte durch die abendliche Online-Veranstaltung, in der namenhafte Künstler*innen aus der Umgebung sowie die Staatssekretärin des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württembergs konferierten. Eine Veranstaltung von Felix Grädler, in Kooperation mit EventKultur Rhein-Neckar, der Initiative Kulturgesichter0621 & der isdv.ev.
Zu Beginn erteilte Grädler den Musiker*innen das Wort und lud dann zur gemeinsamen Diskussion ein. „Uns wurde ein Berufsverbot auferlegt, das wir alle erstmal verdauen mussten“, so der Jazzmusiker Thomas Siffling zu Beginn. Trotz der staatlichen Corona-Hilfen, welche teils sehr spät eintrafen, fühlen sich die Künstler*innen von der Politik nicht selten allein gelassen. Laut Zoom-Umfrage an diesem Abend, haben 85% der Teilnehmenden die Soforthilfen erreicht, 77% sehen die Corona-Hilfen jedoch als nicht hilfreich an. Die Musiker*innen sind sich einig: Sie müssen definitiv klarstellen, dass Kultur nicht verzichtbar ist und, dass sie sie als höchstes politisches Gut darstellen müssen.
Die meisten von ihnen konnten die Lage im Frühjahr noch gut überbrücken, nach ein paar Monaten suchten sie dann nach jeglichen Nebenjobs und mittlerweile schlägt die Uhr für sie fünf nach 12. Nach zwei Monaten positiver Hoffnung, ging es mit den Sorgen um die Zukunft los. „Eines ist klar: es gibt derzeit keine strukturelle und nachhaltige Förderung für unsere Branche“, so der selbstständige Live Sound Engineer Marc Stähly. Auch Benjamin Funke, DJ und Partyveranstalter, hat seit März keinerlei Aufträge mehr erhalten. Funke wollte erst auf Livestreams umstellen, schnell fiel ihm jedoch auf, dass bei den Streams jegliche Finanzstruktur fehle. Auch Jörg Richter beklagt sich über die Lage der Livestreams. „Streaming ist durch die geänderten Gema-Lizenzen (seit 1.Oktober, Anm. der Redaktion) zumindest für mich als Covermusiker nicht mehr so einfach möglich. Facebook möchte keine ‚Music Listening Experience‘ mehr, Youtube ist durch Content-ID keine funktionierende Einnahmequelle.“, so Richter.
So ist für viele die Lage mittlerweile so aussichtslos, dass sie überlegen müssen, sich beruflich umzuorientieren. Die Leidenschaft, Musik zu machen, aufzugeben, fällt ihnen unglaublich schwer. Worüber die Künstler*innen am meisten erzürnen, sind die Ungleichheiten bezüglich der Corona-Hilfen. Viele beklagen, dass sie keine Novemberhilfen erhielten. Großkonzerne wie McDonalds jedoch, erhielt sofort Novemberhilfen, obgleich der Konzern weiterhin sein Drive-In offen haben darf. So merken die Künstler*innen im Gespräch und im sonstigen Alltag immer mehr, dass sie sich für Ihre Branche noch stärker einsetzen und vor allem laut werden müssen. Für Thomas Siffling, Jazzmusiker und Musikproduzent, ist grundsätzlich eines klar: sie alle müssen lernen den Leuten besser zu erklären was es bedeutet Clubveranstalter, Tontechniker, Musiker usw. zu sein. Er ist der Meinung, sie müssen mehr artikulieren und gemeinsam lernen sich noch besser zu verkaufen.
Es muss eine Sprache gefunden werden, die von der Politik verstanden wird. Sie sind sich alle einig: „Wir müssen uns mehr vereinigen in Verbänden, um in einer großen Stimme zu sprechen. Ansonsten wird sich an der Lage bedauerlicherweise wenig ändern.“ Die Künstler*innen streben für die Zukunft vor allem nachhaltige Lösungen in der Politik an und wollen sich von Politikern nicht mehr klein reden lassen.
Von Carina Rauh