Die Gründerfreunde Andre und Eugen haben in diesem Jahr “Pinky Gloves” auf den Markt gebracht. Mithilfe eines pinken Handschuhs können menstruierende Frauen* geruchsfrei und diskret ihre blutigen Tampons entsorgen. Unsere Autorin erklärt, warum “Pinky Gloves” das misogyn beladene Bild der anrüchigen und eklig-blutenden Frau* verstärkt.
Wieder mal ist es wenig überraschend, dass sich gerade zwei Männer einbilden, ihren persönlichen Beitrag zum Period Shaming beizutragen, alles natürlich unter dem längst bekannten Motto: “Wir wollen euch doch nur helfen.” Mit “Pinky Gloves” sollen Frauen* ihre Periode von nun an “sauber und diskret” halten – als würde das Menstruationsthema nicht sowieso schon mit ausreichend Scham behandelt werden.
Im Mittelalter war die Menstruation “unrein”, gar eine Sünde, im 18. bis 19. Jahrhundert galt sie als Krankheit und im Laufe der Jahrhunderte wurden die verschiedensten absurden Theorien über die monatliche Blutung der Frau* aufgestellt, alle davon belegen das Bild der Frau* mit Minderwertigkeit, Scham und Schwäche.
Und wenn man jetzt denkt, dass nach der Frauenbewegung, Jahrzehnten von Frauengesundheitsforschung und neuen feministischen Bewegungen wenigstens die Menstruation, die jede Frau* im Durchschnitt 450 Mal durchlebt, endlich ein für selbstverständlich gehaltenes Alltagsthema ist – der hat sich geschnitten.
2021 konzipieren und vermarkten zwei deutsche Männer – die selbst nicht menstruieren – einen pinken Gummihandschuh, der unangenehm riechend und eklig aussehende Tampons diskret entsorgen soll. Die Idee entstand, da sich die Männer über die Tampons ihrer Mitbewohner*innen “wunderten”. Es war wohl zu schwierig, sich einfach nicht den Badezimmer-Müll anzuschauen oder gar einen Mülleimer mit Deckel zu kaufen oder Frauen* in ihren eigenen vier Wänden in Ruhe zu lassen, nein: Was wirklich her muss, ist ein pinker (“…denn Frauen lieben pink”) Handschuh, in welchen Frauen* den Tampon wickeln sollen, damit sich zukünftig ja kein Mann mehr ekeln muss. Der Auftritt geht sofort viral mit – glücklicherweise – einem riesigen Shitstorm.
Warum sind so viele Produkte für Frauen auf dem Markt, die an den Bedürfnissen von Frauen vorbei gehen?
Was das ganze Thema an Positivem hervorgebracht hat, ist die neu aufgeflammte Debatte darüber, inwiefern die Periode noch heute stigmatisiert ist und wie es sein kann, dass es immer noch Männer sind, die meinen, menstruierenden Personen die Welt und ihre eigene Periode erklären zu müssen. Warum sind so viele Produkte für Frauen auf dem Markt, die an den Bedürfnissen von Frauen vorbei gehen? Warum investieren zwei andere Männer in dieses Produkt, warum entscheiden Männer darüber, welche Schwierigkeiten menstruierende Personen während ihrer Periode haben und auch darüber, welches Produkt als vermeintliche Lösung angeboten wird?
Letztendlich war dieser Auftritt hoffentlich ein großes Wachrütteln und er beweist, wie viel Männer* noch zu lernen haben. Die Arbeit von Feminist*innen und Aktivist*innen, die sich seit Jahren für die Enttabuisierung der Menstruation einsetzen, verdient ein größeres Gehör.
Am 19. April verkündeten die Gründer von “Pinky Gloves” auf Instagram, dass sie die Produktion einstellen. Mit dem Abgang des pinken Gummihandschuhs hoffe ich auf ein baldiges Ende einer Zeit, in der es erst einen Internet-Shitstorm braucht, um sexistische, umweltverschmutzende und vor allem absolut unnötige Produkte, die Frauen* das Geld aus der Tasche ziehen sollen, zu sabotieren.
Von Helena Belting
Helena studiert Ethnologie und Soziologie seit dem Wintersemester 2020/21 und ist seit März 2021 bei ruprecht dabei.