PRO
Daniela Dittler
Ernährungsberaterin in Heidelberg
Ja, die Mensa sollte vegan werden. Eine vegane Ernährung ist eine gesündere Ernährung, vorausgesetzt jedoch, man kennt sich aus und informiert sich, zum Beispiel durch eine Beratung.
Abgesehen von dem gesundheitlichen Aspekt, der mir als Ernährungsberaterin besonders wichtig ist, sprechen auch ganz klar ethische und ökologische Aspekte für eine vegane Ernährungsform.
Die Ernährung derart umzustellen ist kein einfacher Weg. Jedoch ist es ein Weg, den wir als Gesellschaft für eine nachhaltige Umwelt und gute menschliche Gesundheit langfristig gehen müssen.
Öffentliche Einrichtungen, wie eine Mensa, wo geballtes Wissen aufeinandertrifft, sollten dabei mit gutem Beispiel vorausgehen
These 1: Tierische Produkte stellen einen wichtigen Teil einer ausgewogenen Ernährung dar.
Bedingt durch die Haltung der Tiere heutzutage nicht mehr! Durch Massentierhaltung und Züchtung enthalten tierische Produkte Medikamente und ein verändertes Fettsäureverhältnis. Neuere Studien zeigen, dass rotes Fleisch sogar darmkrebsfördernd sein kann. Eine pflanzenreiche Ernährung wirkt sich positiv auf unsere Darmflora aus Jedoch ist darauf zu achten, wichtige Stoffe wie Omega-3-Fettsäuren, Jod oder Eiweiß, in ausreichenden Mengen über pflanzliche Kost oder durch Ersatzpräparate wie beispielsweise für Vitamin B12 aufzunehmen. Dafür ist es wichtig, sich mit seiner Ernährung auseinanderzusetzen. Doch vor dieser Herausforderung stehen nicht nur Veganer, denn auch in tierischen Produkten sind, aufgrund der veränderten Haltungsform, heute kaum noch diese Nährstoffe enthalten. Eine wichtige Quelle dafür werden in Zukunft Zuchtalgen darstellen.
These 2: Der Konsum tierischer Lebensmittel ist heutzutage ethisch nicht mehr zu rechtfertigen. Eine studentische Mensa sollte dies Werte vertreten.
Aus ethischer Sicht ist der Verzehr von tierischen Produkten ganz klar nicht mehr zu rechtfertigen. So wie wir Tiere halten, auch bei Lebensmitteln mit einem Bio-Siegel, kann man nicht von einer artgerechten und mit dem Tierwohl zu vereinbarenden Haltungsform sprechen, ganz im Gegenteil, es ist Tierquälerei.
Außerdem ist es nicht nachhaltig und es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit. Wir füttern unsere Tiere mit pflanzlicher Nahrung, wie Soja, die vielleicht anderen Menschen helfen würde zu überleben, nur damit wir am Ende unser Steak auf dem Teller haben. Das ist eine Verschwendung von Ressourcen!
These 3: Jeder soll selbst entscheiden dürfen, was auf seinen Teller kommt.
Wenn wir von einer veganen Mensa sprechen, betrifft dies eine Mahlzeit am Tag. Zu Hause kann jeder wieder selbst nach eigenem Wissen und Gewissen sein Essen zubereiten.
Sollten wir ein gutes, gesundes und nachhaltiges Essen, das uns durch eine Mensa zur Verfügung gestellt werden könnte, nicht vielmehr als Chance sehen? Als Chance unsere Gewohnheit zu durchbrechen, tagtäglich tierische Produkte aufzunehmen.
Viele verwechseln Gewohnheit mit Freiheit. Doch die Zeit ist nicht mehr die, in der wir so weitermachen können und eine studentische Mensa, in der fortschrittliche junge Menschen zusammenkommen, sollte erste Schritte in die richtige Richtung einleiten.
CONTRA
Ina Jungbluth
Referentin Tierhaltung des Bauernverbandes Baden-Württember
Seit einigen Jahren führen wir eine Diskussion über Ernährung in der Gesellschaft. Dies ist absolut richtig und wichtig, auch um das Bewusstsein und die Wertschätzung für Lebensmittel wieder zu erhöhen. Menschen, die sich mit ihrer Ernährung beschäftigen, befassen sich automatisch auch mit deren Produktion. Dabei vergessen wird oftmals der Zusammenhang zwischen Kreisläufen der pflanzlichen und der tierischen Produktion. Betrachtet man biologische Kreisläufe im Ganzen und die Physiologie des menschlichen Körpers, kann eine Ernährung ohne tierische Lebensmittel nicht zielführend sein. Auch der Blick über die europäischen Grenzen und die Verteilung nutzbarer Ackerflächen für die Produktion von essbaren Pflanzen, lässt eine Forderung nach einer veganen Ernährung nicht zu.
These 1: Tierische Produkte stellen einen wichtigen Teil einer ausgewogenen Ernährung dar.
Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung ist für die Versorgung des menschlichen Körpers mit den benötigten Nährstoffen notwendig. Und zu einer ausgewogenen Ernährung gehören tierische Lebensmittel dazu, sie liefern Proteine, Vitamine, Eisen, Zink und vieles mehr. Aus wissenschaftlicher Sicht wird diese These unterstützt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE), die basierend auf wissenschaftlichen Bewertungen Ernährungsempfehlungen gibt, kann hierzu als guter Anhaltspunkt genommen werden. Eine ausgewogene Menge an Milchprodukten, Eiern, Fisch und Fleisch wird als Teil der vollwertigen Ernährung gesehen. Eine Ernährung ausschließlich mit pflanzlichen Produkten ist keine ausgewogene Ernährung, das gilt natürlich auch für eine einseitige Ernährung mit tierischen Produkten.
These 2: Der Konsum tierischer Lebensmittel ist heutzutage ethisch nicht mehr zu rechtfertigen. Eine studentische Mensa sollte dies Werte vertreten.
Betrachtet man diese These von einem anderen Blickwinkel, was die Versorgung der Menschen mit tierischen Lebensmitteln angeht, hält diese nicht mehr stand. Die Produktion tierischer Lebensmittel ist fast immer eine sekundäre Verwertung, also eine Veredlung von Pflanzen (-teilen) die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet ist. Ohne tierische Veredlung würden landwirtschaftliche Produkte nicht vollständig verwertet werden (Reststoffe) oder Potenziale gar nicht genutzt (Grünland). Von einer ganzen Getreidepflanze kann nur ein kleiner Teil von uns durch Nahrung verwertet werden. Nebenprodukte und Reststoffe, die immer anfallen, können beispielsweise als Tierfutter verwendet werdet. So kann die Pflanze nahezu vollständig genutzt werden. Des Weiteren haben wir in Deutschland viele Gebiete (und weltweit noch mehr), die nur durch Veredlung von Tieren nutzbar sind, da dort aufgrund der geographischen Lage oder der unzureichenden Bodenqualität nichts angebaut werden kann, wie Grasland in Steillagen. Diese These muss in einem sehr komplizierten Gesamtkomplex betrachtet werden und bei Betrachtung dessen ist es nicht vertretbar, Nahrungsmittelpotenziale nicht auszuschöpfen.
These 3: Jeder soll selbst entscheiden dürfen, was auf seinen Teller kommt.
Durch die in der ersten These beschriebenen Empfehlung einer ausgewogenen und ganzheitlichen Ernährung, zu welcher tierische Produkte dazu gehören, sollte jeder die Möglichkeit haben sich dementsprechend zu ernähren. Es sollte jedem freigestellt sein wann und in welcher Form er benötigte Nährstoffe zu sich nimmt, um eine gesunde Ernährung umsetzen zu können. Gerade eine studentische Mensa, die sehr viele unterschiedliche Personengruppen versorgt und somit auch eine gewisse Verantwortung trägt, sollte hierzu einen Beitrag leisten, indem ein gesundes und vielfältiges Essensangebot bereitgestellt wird. Die Entscheidung, was für den einzelnen gesund ist, sollte dann in der eigenen Verantwortung der Person liegen.
Meinung von Studierenden
Jan, 22, Medizin: „Ja, ich find’s geil! Dann können alle von allem essen. Und zu Hause kann sowieso wieder jeder essen, was er will. “
Jasmin, 22, Lehramt Sekundarstufe 1: „An sich würde ich es cool finden. Ich traue nur der Mensa nicht zu, gut vegan zu kochen. Und ist es im Budget drinnen?“
Leon, 19, Physik: „Äh, ne. Ich finde es gut, wenn es höhere Tierhaltungsstufen gibt, aber ich will nicht auf Fleisch verzichten. Sonst hol‘ ich mir halt nen Döner!“
„Bereits mehr als 80 Prozent unseres Angebots in der Zeughausmensa und der Zentralmensa ist vegetarisch, rund die Hälfte davon vegan. Das Studierendenwerk kann allerdings nur so nachhaltig und tierwohlorientiert sein, wie es unsere Studierenden auch mittragen.“
...studiert Humanmedizin und schreibt seit März 2021 für den „ruprecht“. Während im Studium die funktionellen Zusammenhänge des menschlichen Körpers im Vordergrund stehen, fasziniert sie bei ihrer Arbeit als Redakteurin der Mensch in seiner Gesamtheit. Besonders gerne tritt sie direkt mit den Menschen in Kontakt und interessiert sich für Einblicke in ihre Lebensrealitäten und Ansichten. So führte sie zahlreiche Interviews, zum Beispiel mit dem Comedian Florian Schroeder oder dem Lokalpolitiker Sören Michelsburg.
Leider setzt sich Frau Jungbluth nicht wirklich mit der einzigen für sie kritischen Frage auseinander. Selbst wenn es so wäre, dass die Produktion tierischer Lebensmittel lediglich eine sekundäre Verwertung ist, wäre über die Bedingungen in der Tierhaltung und die Auswirkungen des Fleischkonsums auf den Klimawandel immer noch nichts gesagt. Und auch das Argument, das Grünland könne sonst nicht immer optimal genutzt werden, kann bei näherer Betrachtung nicht überzeugen. Zunächst einmal scheint die optimale Flächennutzung intuitiv deutlich weniger wichtig zu sein als das Abmildern des Klimawandels. Auch darüber hinaus ist es aber nicht überzeugend, von einer besseren Flächennutzung durch Tierhaltung auszugehen. Einerseits könnten auch die Flächen, die derzeit zum Anbau von Tierfutter genutzt werden, für den Anbau von „Menschenfutter“ genutzt werden. Andererseits schreibt das Studierendenwerk auf ihrer Website, „wo möglich und unter Kostengesichtspunkten vertretbar“ würden Fleischprodukte aus ökologischer und artgerechter Tierhaltung verwendet. Angesichts des (notwendigerweise, da von den Studierenden so gefordert) niedrigen Preises auch von Fleischgerichten liegt es nahe, dass die in der Mensa zubereiteten Tiere eher nicht jene sind, die an satten Grashängen in der Sonne ihr Dasein friste(te)n.
Damit ist nicht gesagt, dass der Konsum tierischer Produkte heute ethisch nicht mehr zu rechtfertigen sei. Mit der Argumentation von Frau Jungbluth wird man es aber jedenfalls nicht rechtfertigen können.