Im Gebäude 360 im Neuenheimer Feld hat am heutigen Montag zur Mittagszeit ein Amokläufer während eines Tutoriums in einem Hörsaal auf Menschen geschossen. Dabei wurden vier Personen verletzt, eine von ihnen erlag am Nachmittag ihren schweren Verletzungen. Alle Verletzten und auch der mutmaßliche Täter sind Studierende der Universität.
Am Montagabend gab es eine Pressekonferenz im Polizeipräsidium Mannheim. Anwesend waren unter anderem Vertreter der Polizei Mannheim-Heidelberg sowie der Staatsanwaltschaft Heidelberg, Innenminister Thomas Strobl, Bildungsministerin Theresia Bauer, Oberbürgermeister Eckart Würzner und der Rektor der Universität, Bernhard Eitel.
Polizeipräsident Siegfried Kollmar informierte dort über die bisherigen Erkenntnisse der Polizei. „Um 12.24 Uhr erreichten uns innerhalb von 43 Sekunden 7 Notrufe aus dem Hörsaal im Neuenheimer Feld“, sagte Kollmar. Schon wenige Minuten später seien die ersten Polizeistreifen vor Ort gewesen und hätten das Gebäude nach dem Täter abgesucht. 20 Minuten später habe die Polizei den Hörsaal mit circa 30 Menschen erreicht. Kollmar lobte das schnelle Krisenmanagement.
„Um 12:51 Uhr wurde eine Person im Außenbereich tot aufgefunden“, fügte er an. Die Polizei geht derzeit davon aus, dass es sich dabei um den Täter handelt. Der mutmaßliche Täter ist ein 18-jähriger Student mit deutscher Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in Mannheim. Er hatte zwei Langwaffen bei sich, die er nach Angaben der Polizei, wenige Tage vor der Tat persönlich im Ausland erworben hat. Weder der mutmaßliche Täter noch Personen aus seinem näheren Umfeld besitzen nach bisherigen Erkenntnissen einen Waffenschein.
Die Polizei geht davon aus, dass der mutmaßliche Täter im Hörsaal drei Schüsse abgegeben hat. Nach der Tat habe er sich das Leben genommen. An dem Einsatz rund um das Gebäude waren insgesamt 400 Polizist:innen beteiligt.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl drückte am Abend sein Mitgefühl für die Verletzten und das getötete Opfer sowie deren Angehörige aus. Aber nicht nur sie seien betroffen. Viele Studierende hätten sich in Todesangst befunden, so Strobl. „Wir müssen angstfreie Räume schaffen, wo sich Wissenschaft entfalten kann“, sagte Strobl. Er wies auf die psychologischen Hilfsangebote hin, die zur seelischen Bewältigung der Ereignisse geschaffen wurden. „Scheuen Sie sich nicht, diese Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen“, sagte Strobl. Er bezieht sich dabei auf Angebote des Weißen Rings (0151/55164767), der Psychosozialen Beratungsstelle (06221/543750) für Studierende und der Psychotherapeutischen Hochschulambulanz (06221/547643).
Den ganzen Nachmittag kursierten über Messenger und Soziale Netzwerke Screenshots mit Warnungen zu dem Amoklauf im Neuenheimer Feld-darunter auch viele Falschinformationen. Polizeipräsident Kollmar sagte: „Bei solchen Lagen ist es extrem schwierig, da dagegenzuhalten.“
Eine offizielle Benachrichtigung der Universität an die Studierenden blieb aus. Rektor Bernhard Eitel begründete dies mit dem schnellen Ende der Tat. „Die Notfallkette ist schon wenige Minuten nach der Tat angelaufen.“ Dabei würden verschiedene Verantwortliche der Universität über eine Gefahrenlage informiert. Da der mutmaßliche Täter bereits kurz nach der Tat tot aufgefunden worden sei, habe es keine allgemeine Benachrichtigung mehr an die Studierendenschaft gegeben.
In einer Rundmail von Montagabend kündigte Eitel für Dienstag Schweigeminuten in allen Veranstaltungen der Universität an. Eine Anwesenheitspflicht bestehe aber weiterhin. Für voraussichtlich Montagmittag ist ein Trauergottesdienst in der Peterskirche anberaumt.
In den kommenden Tagen wird die Polizei versuchen, die Motive des mutmaßlichen Täters zu ermitteln. Die Heidelberger Universität und ihre Studierenden müssen nach dieser „Attacke an einem Ort der Sicherheit und Begegnung“, so Theresia Bauer, das Unfassbare noch verarbeiten. Bernhard Eitel schloss in seiner Rundmail: „Als akademische Gemeinschaft stehen wir in diesen schweren Stunden zusammen.“
Von Anabelle Kachel und Thomas Degkwitz
...studiert Humanmedizin und schreibt seit März 2021 für den „ruprecht“. Während im Studium die funktionellen Zusammenhänge des menschlichen Körpers im Vordergrund stehen, fasziniert sie bei ihrer Arbeit als Redakteurin der Mensch in seiner Gesamtheit. Besonders gerne tritt sie direkt mit den Menschen in Kontakt und interessiert sich für Einblicke in ihre Lebensrealitäten und Ansichten. So führte sie zahlreiche Interviews, zum Beispiel mit dem Comedian Florian Schroeder oder dem Lokalpolitiker Sören Michelsburg.
Thomas Degkwitz will seit 2019 die Netzwerke der Stadt verstehen. Das hat er für zwei Jahre auch als Ressortleiter “Heidelberg” versucht. Ihm ist das Thema Studentenverbindungen zugelaufen, seitdem kümmert er sich darum. Außerdem brennt er für größere Projekte wie die Recherche zur Ungerechtigkeit im Jurastudium. Lieblingsstadtteil: die grünflächige Bahnstadt (*Spaß*)