Mit Namen wie Rembrandt, Tizian oder Cindy Sherman lockt das Kürpfälzische Museum Heidelberg noch bis zum 20. Februar in die „Frauenkörper“ Ausstellung. Dabei schreibt sich das Museum auf die Fahne, den Facettenreichtum des weiblichen Körpers in der abendländischen Kunst zu betrachten. Die Ausstellung ist in sechs Themengebiete unterteilt, in denen nach eigenen Angaben neben dem schönen, verführerischen, intakten Körper auch der verletzte, entstellte oder gealterte Frauenleib gezeigt wird.
Besonders interessant porträtiert sie die Entwicklung des Verhältnisses von Kunst zum weiblichen Körper: Mussten früher Erzählungen wie die Bibel als Begründung herhalten, um einen jungen, nackten weiblichen Körper darstellen zu dürfen, genügt heute Selbstbewusstsein und, je nach Künstler:in und Motiv, ein Hang zur Provokation. Ebenso eindrücklich kommt zur Geltung, wie fremd uns einige Darstellungen heute sind, die früher vollkommen legitim zu sein schienen. Besonders die Motive von Frauen, die Grausamkeiten wie Entführungen, Vergewaltigungen oder Suizid mit fast apathischem Gleichmut hinnehmen.
Der Blick der Ausstellung ist insgesamt extrem geschlechtsorientiert. Das Fehlen von Künstlerinnen in vergangenen Zeiten wird durchweg hervorgehoben, scheint aber mehr Konzept als Tatsache zu sein. Denn mit Artemisia Gentileschi hätte es eine revolutionäre Künstlerin der Renaissance gegeben, die nicht nur Aktbilder anfertigte, sondern auch die Darstellung einer Entführung mit Emotionen wie Angst, Verzweiflung und sogar mit Gegenwehr verbindet. Kraft statt Ergebenheit – ein interessanter Blick einer Frau auf den weiblichen Körper! Oder Élisabeth Vigée Le Brun, eine Künstlerin des Rokoko, die viele Porträts Adeliger aber auch Selbstporträts anfertigte. Alles thematisch passende Geschichten, die unverbrauchter sind, als das zehnte Bild von Eva und Adam im Paradies.
Neben dem Vergleich zu anderen Kulturen fehlt der Ausstellung eine Verbindung zur Kleidung. War die verquere Vorstellung von Sinnlichkeit als einziges weibliches Attribut und Voyeurismus eine Pandemie oder verhielten sich solche Ideen eher endemisch? Und wie beeinflusste das Korsett das Bild zum weiblichen Körper im Vergleich zur Verhüllung in bodenlangen Kleidern – und andersherum?
Leider fehlen dem Themengebiet Aktuelle Körperdebatten auch jegliche trans Frauen – sowohl als Motiv als auch als Künstlerin. Dabei ist doch die Frage, was es eigentlich bedeutet, eine Frau zu sein, ob es körpergegeben oder gesellschaftlich impliziert ist, eine sehr spannende. Genau wie der Zusammenhang zwischen Körper und Funktion, beispielsweise bei Schwangerschaft, Gebären oder genereller Gesundheit und Modetrends – aufregend, aktuell, tiefgehend, aber leider nicht zu finden.
Beim Durchqueren der Ausstellung stellt sich außerdem die Frage, ob mit der stark kontrastierten Beleuchtung eine Wertung impliziert werden soll. So ist der erste, männlich dominierte Raum besonders dunkel und der letzte Raum der Neuzeit sehr hell. Hat sich also alles zum Guten verändert und Kunst und Gesellschaft sind inzwischen erleuchtet? Zwar steht den Frauen der abendländischen Welt nun teilweise frei, kunstschaffend zu sein, der (Frauen-)Körper scheint jedoch mehr denn je den Extremen ausgesetzt. Muss er wirklich extrem dünn oder extrem dick sein, hauptsache extrem? Ist ein gesunder Körper nicht der wertvollste? Was bedeutet ein positives Körpergefühl in Zeiten von Social Media und Büroarbeit? Und ist die Trennung zwischen Männer- und Frauenkörper noch aktuell?
Zu guter Letzt fehlt dieser Ausstellung der geschlechtslose Blick auf weibliche Menschen. Diese liegen nur in seltenen Fällen den ganzen Tag herum und dienen als Objekt männlicher Handlungen. Frauen sind und waren immer eigenständige Akteuere mit Charakter und einer Geschichte.
Der Besuch der Ausstellung lohnt sich somit nur bedingt. Zwar regt sie zum Nachdenken darüber an, welche Themen der eigenen Meinung nach untrennbar mit Frauenkörpern verbunden ist, doch sind diese nur geringfügig abgedeckt. Die zahllosen Limitierungen könnten dabei dem begrenzten Raum geschuldet sein oder vielleicht doch dem Verlangen, mit großen Namen zu werben statt den ebenso proklamierten Facettenreichtum zu liefern. Insgesamt sollten Frau und Mann jedoch die Erwartungen nicht zu hoch ansetzen. Am Ende ist es eben nur das, was es verspricht – eine Ausstellung über weibliche Körper.
Weitere Informationen zur Ausstellung auf der Website des Kurpfälzischen Museums Heidelberg
Von Zarah Janda
Zarah Janda studiert Molecular and Cellular Biology und ist seit dem Wintersemester 2020/21 beim ruprecht dabei. Am liebsten schreibt sie über Wissenschaft im Alltag.